Die Gnadenwürde – Hohelied der Barmherzigkeit
Ein kurzes, theatralisches Stück in Zeiten von Begnadigungen noch nicht abgeschlossener Corona-Bußgeldverfahren
Dienstag, 17. Dezember, 10.45 Uhr, vor der Stadtkämmerei München, Landsberger Straße 36
Kunst stirbt in dem Moment, in dem sie erklärt wird. Wir wagen also nur ein paar vorsichtige Sätze: Die aktuellen Begnadigungen der Stadtkämmerei München und anderer Städte vermögen zu erstaunen. Nach Jahren der nicht aus bloßem Versehen angerichteten Pein, Schäden an Gütern und Seelen wären nun Entschuldigungen angebracht. Entschuldigungen an die Menschen, die in diesem Land leben. Viele unter uns wären bereit, an einer Versöhnung mitzuwirken. Nun erhebt sich die Stadt allerdings ein erneutes Mal über ihr Wahlvolk und beurteilt und verleiht Gnadenwürden, wo dies höchstens in umgekehrter Ordnung denkbar wäre. Weder hört „Die Stadt“ auf die, die immer noch sprechen, noch liest sie die veröffentlichten RKI-Protokolle oder kehrt gar in ihr Herz, das immer zu uns spricht.
Wir haben der Stadt München, exemplarisch für alle in dieser Weise handelnden Gemeinden, in all der vorweihnachtlichen Stimmung, die durch die Absurdität der behördlich umgesetzten Anmaßung durchbrochen wird, ein Spieglein hingehalten. Schaut sie hinein, so vernimmt sie eine Stimme, die da spricht: „Schaut hin, was Ihr mit uns tut!“ (Lisa Marie Binder zur Inszenierung „Die Gnadenwürde“)
Zum Sachverhalt: Anfang November 2024 teilte die Bayerische Staatskanzlei mit, dass die noch nicht abgeschlossenen Corona-Bußgeldverfahren eingestellt werden sollen und die zuständigen Behörden Ordnungswidrigkeiten wegen Verstößen gegen Corona-Rechtsvorschriften nicht weiterverfolgen sollen.
Das Kabinett kam damit der Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder nach, der bereits Mitte September angekündigt hatte, er wolle „jetzt sozusagen Frieden haben“. Dies solle auch ein Signal des Staates an alle Menschen sein, die mit der Corona-Zeit sehr gehadert haben.
Bei den zuständigen „Verfolgungsbehörden“ anhängige Verfahren werden laut Staatskanzlei nun eingestellt. Und die Staatsanwaltschaften sollen bei Gerichten die Einstellung dort noch laufender Verfahren anregen. Wer sein Bußgeld bisher nicht gezahlt hat, muss es nicht mehr tun: „Bei bereits rechtskräftigen Bußgeldbescheiden findet keine weitere Vollstreckung statt, die noch ausstehende Geldbuße wird erlassen.“
Dieser Schlussstrich gilt für sämtliche bei Kreisverwaltungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten anhängigen Bußgeld- und Vollstreckungsverfahren „wegen Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Verstößen gegen Corona-Rechtsvorschriften“. Darunter fallen beispielsweise die bayerischen Corona-Verordnungen, die Einreise-Quarantäneverordnungen sowie die Allgemeinverfügungen zu Isolation und Quarantäne.
Mutmaßliche Straftäter hingegen, insbesondere unter der Ärzteschaft, werden weiter mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgt, wenn sie ihre Patienten durch eine Impfunfähigkeitsbescheinigung davor bewahrten eines von rund 50.000 Opfern schwerer Schäden (ohne Dunkelziffer und Tote) zu werden.
Die SPD mit ihrem Kanzler, der keine roten Linien bei der Verfolgung seiner unbotmäßigen Untertanen kennen wollte, kritisiert zu Recht, jedoch vor diesem Hintergrund in heuchlerischer Oppositionsmanier, dass bereits bezahlte Bußgelder nicht zurückerstattet werden. Das wäre wünschenswert und ist andernorts auch erfolgt. Jedoch war es die SPD mit den Grünen, die in der Zusammensetzung wie im Münchner Stadtrat die radikalsten Ausgrenzer von Ungeimpften waren, während der Ministerpräsident, der (als Erster?) sogar eine Impfpflicht für Kinder ins Spiel brachte, sein Fähnchen schon längst wieder nach dem Wind gedreht hatte.
Gleichwohl gilt nun als braver Bürger, wer sich dankbar zeigt, wenn die Bayerische Verwaltung im Überschwang der Großherzigkeit Gnadenwürden unter die vormals zur Buße Verurteilten streut. Und so begab es sich, dass sich am 17. Dezember 2024 dankbare Demokraten in vorweihnachtlicher Stimmung vor ihrer Stadtkämmerei versammelten, um ihr für das besinnungslose Festhalten am geleisteten Amtseid zu huldigen.
So wurden Gesänge angestimmt aus der Inszenierung „Die Gnadenwürde. Hohelied der Barmherzigkeit – Hosanna“:
„Oh, Stadtkämmerei!
Die Du bist in München ansässig, der Landeshauptstadt, die da wurde Zeuge mächtiger Seelenumwälzungen.
Die Du bist Hort und Quell unablässiger Freuden in diesen Zeiten!
Die Du uns bringst Gnaden in der Vorweihnachtszeit!
Hosanna! Hosanna! Oh Stadtkämmerei!
Geholfen hast Du! Nun streben wir zum Heil! Mit Dir!“
Auf eine Antwort auf mehrere offene Briefe an den Oberbürgermeister der Stadt und den gesamten Stadtrat warten die demütigen Münchner Bürger bis heute.