Zeitzeugen – Brigitte Meinhold, geb. 1938
Brigitte Meinhold ist in München aufgewachsen – von 1938 bis 1943. Dann schlug in ihrer Straße eine Bombe ein. Als die Bombardierung zu Ende war trug die Mutter ihre Tochter aus dem Luftschutzkeller nach oben und legte sie auf die Couch in der Wohnung. Aber das Dach darüber war nicht mehr da.
Daran erinnert sich Brigitte noch heute. Jetzt sei es kein Schock mehr, aber lange Zeit habe sie damit zu kämpfen gehabt. Alle Spielsachen waren kaputt, verteilt im Garten – und es gab ja nichts mehr, man konnte nicht gehen, etwas Neues kaufen, alles war weg. Überhaupt war es ein furchtbarer Schock, die losgehenden Sirenen, das vergisst man lange Zeit nicht. Eigentlich ein Leben lang nicht.
Der Bruder kam 1944 auf die Welt. Die ersten Worte der Mutter waren: Ach du lieber Schreck, ein Bub. Der muss wohlmöglich wieder in einen Krieg.
Die Nachkriegszeit – 70 Jahre ohne Krieg – hat sie als sehr positiv erlebt. Es ging ja bergauf. Aber jetzt macht sie sich große Sorgen um den Enkel. Der ist 16. Und sie denkt: Hoffentlich muss er nicht in den Krieg.
Kann man es vermeiden? Wahrscheinlich nicht, fürchtet sie. Der Enkel sagt, er würde zur Bundeswehr gehen, natürlich, er müsse doch das Vaterland verteidigen. Sie denkt an die damaligen Kinder der Nachbarinnen, auch 16, zum Krieg eingezogen, sie kamen nie zurück. Die Nachbarin ging zweimal am Tag an den Briefkasten, wartend auf einen Brief, ein Lebenszeichen von dem Sohn. Dieser Brief kam nie.
Der Enkel meint, es wird schon gutgehen. Wie erklärt man einer Generation, die nur gute Zeiten erlebt hat, was Krieg bedeutet? Sie versucht es.