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Zeitzeugin – Barbara P, geb. 1940

Barbaras Eltern heirateten im September 1939. Es war eine „Nothochzeit“, der Ehemann musste an die Front. Sie wurde an einem Sonntag geboren. Nach der Geburt konnten sich Vater und Tochter nicht kennenlernen, er war ja an der Front.

Eine gewisse Enttäuschung war sie für die Mutter – waren doch die deutschen Frauen dazu aufgerufen, möglichst viele Söhne zu produzieren. Für den Krieg.

Barbara hat noch eigene Erinnerungen an die Kriegszeit. Von den ganz großen Schrecken des Krieges hat sie indirekt erfahren – aber sehr genau zugehört, wenn davon die Rede war. Zum Beispiel Tante Lenchen, die die Vertreibung aus Ostpreußen erlebt hatte, und jeden Abend davon erzählte. Von den Leiden der Menschen auf der Flucht, mit den Kindern und den Babys, und dem Hunger.

Barbara selbst musste keinen Hunger erdulden. Eine Tante von ihr arbeitete bei den sowjetischen Besatzern als Küchengehilfin. Sie konnte von dort einiges mitbringen. Sogar einen Schweinskopf, einmal. Die Russen waren im Übrigen sehr kinderfreundlich, sagt sie. Es gibt ein Foto von ihr, auf dem Arm eines russischen Soldaten, das hat sie noch. Der russische Major, der im Haus nebenan einquartiert war, kam auch manchmal zu Besuch abends in die Küche, zum Gespräch.

Später, als der Vater nach der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückgekehrt war, erfuhr sie auch einiges über den Krieg von ihm. Allerdings nur, wenn er getrunken hatte. Es waren immer schlimme Erlebnisse, von denen er sprach: Krankheit, Tod der Kameraden, die Kälte. Fotos mit Stapeln von Leichensäcken, verborgen ganz hinten in seinem Schrank. Die hat sie gefunden, später. Und versteht, warum er krank wurde davon. Viel Leid bedeutete das für die Familie, welches es ohne die Grauen des Krieges nicht gegeben hätte.

In der Schule hatten die Hälfte der Mitschüler gar keinen Vater mehr. Nein, von den Schrecken des Krieges muss ihr niemand erzählen, das hat sie früh verinnerlicht. Und hat sich ein Leben lang für Frieden und Freundschaft unter den Völkern engagiert. Und für die Freiheit. Auch mit über 80 geht sie dafür noch auf die Straße. Für Freiheit, für Julian Assange, für Frauenrechte, für den Frieden. Frieden zwischen den Völkern ist möglich sagt sie, zwischen allen. Und hofft, dass ihre Stimme gehört wird.