Zeitzeugen – Elisabeth Kammerl, geb. 1932
Elisabeth Kammerl, geb. 1932, erinnert sich im Gespräch mit Massimiliano di Felice an ihre Kindheit in den Vorkriegs- und Kriegsjahren in Pasing und Gröbenzell bei München. Auch Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit kommen zu Wort. Statt sich einer Impfpflicht bei Corona zu beugen wäre sie ins Gefängnis gegangen, sagt die gläubige Katholikin.
Zu Kriegsbeginn war sie sieben Jahre alt. „Was bei uns in der Familie gesprochen wird, darf ja nicht nach außen dringen“, so hieß es, und Elisabeth und ihr Bruder hielten sich daran. Sie bangten um ihre Eltern. Denn diese hätten schon für kleinste Äußerungen „nach Dachau“ kommen können. Was das genau war, wusste man nicht. „Eine Art Zuchthaus“, so stellte man es sich vor, „das Grauen“.
Elisabeth kam in Gröbenzell in die Schule. Mit 50 Kindern in der zweiten Klasse war die Lehrerin dann vollkommen überfordert. Dort wollte sie nicht bleiben. Die Familie hatte noch eine Wohnung in Pasing, vorausschauend hatte der Vater jedoch auf den Umzug nach Gröbenzell gedrängt. Wegen der Luftangriffe, die dann kommen werden, erklärte man dem Kind. Zur Schule wechselte sie dann doch nach Pasing, zu den „Englischen Fräulein“ am Marienplatz. Eine sehr liebevolle Ausbildung habe sie dort genossen, die sie für ihr Leben geprägt habe.
Etliche Luftangriffe hat sie miterlebt. Einmal wurde ein Flugzeug abgeschossen. „Wie das immer weiter runtergekommen ist hat sich die Luft irgendwie verdichtet,“ erinnert sie sich. Alle waren voller Angst, fingen an zu beten. Man wusste ja nicht, wo es einschlagen würde. Gott sei Dank war das in diesem Fall auf einer benachbarten Wiese. Nicht immer aber ging es so aus. Ihre Biologielehrerin war ihr erstes Kriegsopfer, sagt sie. Eine Bombe traf deren Haus.
Als es immer schlimmer wurde mit den Luftangriffen erfolgte die Auslagerung ins Schullandheim. Der Vater war da bereits im Krieg, die Mutter ließ sie nicht mitziehen. Schulpflicht bestand. Ein wenig Unterricht gab es noch, in Gröbenzell, ergänzend nahm sie private Nachhilfe. Kurt Schroeter, der jüdische Mann ihrer Nachhilfelehrerin, ein Geiger, war nach Amsterdam geflohen. Dort wurde er aufgespürt, in Ausschwitz kam er ums Leben. An ihn erinnert ein Stolperstein. Und ein Buch: „Tage, die so quälend sind: Aufzeichnungen eines jüdischen Bürgers aus Gröbenzell im besetzten Amsterdam, September 1942 – Januar 1943“. Seine Frau in Deutschland ließ sich nicht scheiden, trotz des Drucks. Auch um die halbjüdischen Kinder musste sie bangen, eine Tochter war nach Schweden geflohen. Für Elisabeths Eltern war klar, dass man die Frau Schroeter unterstützen musste.
Auch in Gröbenzell fielen Bomben, einige. Sie flüchteten sich dann in den Keller, auch die Nachbarn kamen dazu, alle hörten das Brummen. Wenn sie wieder rauskamen aus dem Keller war über München alles rot.
In der Jungschar war sie, nicht im BdM. Eventuell musste sie, vermutet sie, jedenfalls schickten die Eltern sie hin. Beeindruckt habe sie das nicht, was sie dort zum Führer lernen musste. Durch die Eltern war sie davor „geimpft“, sagt sie. Wie stark die Begeisterung in der Bevölkerung in der Breite war, kann sie nicht beurteilen. Ihr Vater habe jedenfalls geschimpft, dass die Menschen richtig verrückt seien. Dass sich manche nicht mehr die Hand wuschen, wenn sie diese dem Führer gegeben hatten. Und weitere Anekdoten habe er erzählt, auch die Mutter. Sie sei „zweispurig“ aufgewachsen, sagt sie, nach außen durfte sie sich nichts anmerken lassen, nur in der Familie konnte man frei sprechen.
Ob es jetzt wieder ähnlich sei? Sie weiß es nicht. Aber „allergisch“ habe sie reagiert, auf die Beschallung aus allen Medien, zum Thema Corona, immer nur in eine Richtung. Die Drohung, ein Außenseiter zu sein, wenn man nicht spurte. Wenn man gegen die Impfung war. Ihre Vorgeschichte habe sie vermutlich sensibilisiert, meint sie. Für die Freiheit ging sie auf die Demos. Und kritisiert den Umgang mit Ärzten, die Maskenatteste ausstellten, als „Methoden, die man aus dem früheren Regime kannte“. Nicht in Ordnung sei es gewesen, in vielerlei Hinsicht, Aufarbeitung sei nötig.
Als Christin lehnt sie das Konzept der Kriegstüchtigkeit rundweg ab, sie ist im Sinne von Jesus komplett gegen Waffen. Die andere Wange solle man auch hinhalten, dann gäbe es keine Kriege. Aber dort ginge es ja in Wirklichkeit immer nur um Interessen.
Egal wie Kriege deklariert würden – als Freiheitskampf, als Verteidigung, als Angriff– immer sei es unnötig. Friede sei ein extrem hohes Gut. An die Menschen müsse man denken, die dort zerstört werden. Keine Ressourcen, kein Landgewinn würde da helfen. Schrecklich sei es, heutzutage, wo man doch wisse, dass ein Krieg überhaupt nichts bringt, nur Leid und Zerstörung.
Das Leid auf der Welt, mit Naturkatastrophen und Krankheiten, würde doch ohnehin reichen. Warum sich selber dauernd Schaden zufügen, ganze Völker in den Angriff stürzen? Aber mit Kain und Abel sei es bereits losgegangen. Der Mensch sei einfach ein komisches Wesen, friedlich sein könne er anscheinend nicht, bedauert Elisabeth.
Was sie der jüngeren Generation mitgeben würde? Das Christentum müssen wir hochhalten, sagt sie. Weil das die Botschaft hat, die für alle Heil bedeuten würde. Der Glaube hilft, auch wenn man durch schwere Zeiten geht. Christus habe es vorgelebt, was Liebe bewirkt.