Trocknet München Frieden finanziell aus?
Seit über 2 Jahrzehnten richtet die friedensbewegte Zivilgesellschaft die „Internationale Münchner Friedenskonferenz“ als Gegenveranstaltung zur sog. „Sicherheitskonferenz“ aus, in diesem Jahr zum 22. Mal. Aus der Selbstbeschreibung:
„Die Münchner Friedenskonferenz ist die inhaltliche Alternativveranstaltung zur Münchner Sicherheitskonferenz.
Eine „Internationale Sicherheitskonferenz“, die diesen Namen verdient, muss nach unserer Ansicht militärisches Sicherheitsdenken überwinden und auf gemeinsame Sicherheit durch Interessensausgleich und Kooperation setzen. Für den Paradigmenwechsel ist eine grundlegende Umschichtung von den hohen Militärausgaben zur Finanzierung von ziviler Konflikt- und Krisenbewältigung nötig. An die Stelle des Strebens nach Überlegenheit und Gewinnmaximierung müsste eine neue Denkweise treten: Orientierung an globaler Gerechtigkeit, am Gemeinwohl für alle Menschen und an Nachhaltigkeit in der Wirtschaft und im Umgang mit den Ressourcen.“
Teile der Grünen Fraktion und von SPD/Volt haben offensichtlich der Friedenskonferenz den Finanzzuschuss (unseres Wissens € 7000.-) gestrichen. Begründet wurde dies damit, dass es keine kulturelle Veranstaltung sei bzw. diese keine ausreichende kommunale Befassung aufweise. Hier findet man den entsprechenden Antrag:
Der Antrag, auf Initiative der Grünen und an erster Stelle der Stadträtin Mona Fuchs, lautet wörtlich:
„Das Kulturreferat wird aufgefordert, seine Förderlandschaft im Lichte der erforderlichen Konsolidierungen kritisch zu hinterfragen. In diesem Sinne und zur Stärkung seiner Kernaufgaben soll die Förderung der „Internationalen Münchner Friedenskonferenz“ ab sofort und künftig nicht mehr erfolgen.“
Begründet wird dies wie folgt:
„Eine kommunale Unterstützung der „Internationalen Münchner Friedenskonferenz“ als zivilgesellschaftliches Gegenüber zur „Sicherheitskonferenz“ hat bei einer aufgabenkritischen Hinterfragung im Förderportfolio des Kulturreferats keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt mehr.
Eine allgemein- bzw. weltpolitisch ausgerichtete Initiative ohne ausreichend erkennbare kommunale Befassung ist in einer Förderung durch die Kulturverwaltung deplatziert.“
Dies ist angesichts dessen, dass München unter einem gewaltigen Druck wegen kriegsbedingter Zuwanderung steht schon eine Begründung, auf die man erst einmal kommen muss.
Sie scheint eher (wenig) kreativ gewählt zu sein, vielleicht um den Unmut über die Positionierungen und Aktivitäten der Friedenskonferenz nicht deutlich zum Ausdruck bringen zu müssen, wobei man sich fragen kann, warum bislang keine „aufgabenkritische Überprüfung des Förderportfolios“ erfolgte. München hat mit Dominik Krause seit einigen Monaten einen grünen Bürgermeister, der unkritisch an der Seite der Ukraine und Israels zu stehen scheint. Er sprach am 17. Februar 2024 nicht auf einer der Versammlungen der Friedensbewegungen, die Diplomatie fordern, sondern neben Politikern der Ampel auf der Versammlung am Odeonsplatz. Dort wird weiterhin Frieden durch Krieg gefordert.
Auf der von der Stadtpolitk unterstützten Versammlung hat man sich also für die Fortführung und Ausweitung der Kriege ausgesprochen, wohingegen die Friedenskonferenz und die alte Friedensbewegung sowie die neue Friedensbewegung des Bündnisses „Macht Frieden!“ sich konsequent für den Frieden und die universelle Geltung der Menschenrechte einsetzen.
Diese Positionierungen und Aktivitäten scheint man nicht mehr mittragen zu können. Es scheint symptomatisch für die 180-Grad-Wende der Grünen, die sie in Friedensfragen hingelegt haben: Kriege werden unterstützt und die Friedensbewegung nun auch noch aktiv kaltgestellt. Besonders erschütternd ist auch, dass man nicht erkennt, welche Folgen dies angesichts der sonstigen Entwicklungen haben könnte.
Man organisiert auf der einen Seite Demonstrationen gegen rechts und möchte ein Demokratiefördergesetz verabschieden, das vor allem linke Organisationen, die den Kurs der Ampelregierung stützen, fördern soll. Auf der anderen Seite entzieht man dem Frieden die Finanzierung mit einer formalen Begründung, die nachhaltig insbesondere in der Soziokultur Einfallstore öffnet für den politischen Gegner. In München galt bisher ein sehr weiter Kulturbegriff. Man darf davon ausgehen, dass bei einem möglichen Regierungswechsel, die Axt angelegt werden könnte an Projekte, die der aktuellen Regierung als besonders förderungswürdig erscheinen mögen – mit ebenjener selbst gewählten Begründung.
Die Friedenskonferenz sah sich auf Grund des kurzfristigen Entzugs der Finanzierung gehalten, eine Crowdfundingkampagne zu starten. Dort heißt es:
„Die Stadt München hat uns 7 Tage vor dem Konferenzwochenende die mündlich zugesagt Finanzierung der Münchner Friedenskonferenz gestrichen. Seit 19 Jahren finanziert uns die Stadt. Die Gründe sind nicht nachvollziehbar. Die Räume sind gebucht, Tickets und Übernachtungen bestellt. Eine Absage ist keine Option mehr. Helft uns mit Eurer Spende die Friedenskonferenz 2024 zu finanzieren.“
Die Friedensbewegung fordert einen zwingend erforderlichen Paradigmenwechsel: „Wir setzen uns mit unserem Handeln und der „Internationalen Münchner Friedenskonferenz“ dafür ein, dass Menschen in Frieden und Gerechtigkeit miteinander leben und verantwortlich mit der Natur umgehen.“
Dies will man bei weiten Teilen der Grünen und bei SPD/Volt offensichtlich nicht weiter unterstützen. Der Antrag wird getragen von den Stadträten Mona Fuchs, Clara Nitsche, David Süß, Marion Lüttig, Nimet Gökmenoğlu, Ursula Harper, Andreas Voßeler, Felix Sproll, Julia Schönfeld-Knor, Anne Hübner, Kathrin Abele, Lars Mentrup, Klaus Peter Rupp, Lena Odell und Marian Offman.
Gerade angesichts dieser Entwicklungen zeigt sich deutlich, wie wichtig es ist, dass alle Kräfte für den Frieden an einem Strang ziehen. Denn es ist kein Kampf von links gegen rechts, sondern von oben gegen unten.
Die sog. Sicherheitskonferenz ist im wahrsten Sinne ein Klassentreffen. Der Investor Warren Buffett wird zitiert mit den Worten: „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt. Und wir gewinnen.“ Grüne Politikerinnen scheinen sich aktuell gut gelaunt eher dort zu sehen.
(Titelbild: Ausschnitt Tweet Stadt München zur Projektion (!) des Selbstverständnisses am Münchner Rathaus am 2.2.22)