Tür 3

Soshanas Adventsgeschichte

Ich heiße Shoshana und es geht mir  –  naja – gut. Ich bin gesund und dankbar für meine Kinder und Enkelkinder, die mit offenen, kritischen Augen und unbestechlich durchs Leben gehen.

Ich habe ein Dach über dem Kopf und ausreichend zu essen. Also muss es mir doch gutgehen, oder etwa nicht? Nein, nicht unbedingt. Wie könnte es das auch, in einer Zeit, in der innerhalb weniger Wochen und Monate willkürlich in die Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechte, also in garantierte Menschenrechte, eingegriffen wurde.

Ich bin „alt“ – inzwischen 83 und konnte bis vor etwa drei Jahren angemessen und selbstverantwortlich leben. Seit 2020 entwickle ich jetzt Strategien, die mir das auch weiterhin irgendwie ermöglichen. Aber was ist mit den Kindern und Jugendlichen?!

Ihnen fehlen solche Strategien. Die Mehrheit von ihnen ist abhängig von Erziehungsberechtigten, die entweder regierungskonform oder einfach desinteressiert sind. So gesehen wird der größere Teil dieser Abhängigen „gelebt“: sie werden verängstigt, indoktriniert, entrechtet, zum Gehorsam genötigt. Sie werden regelrecht missbraucht.

Das bedeutet für die jungen Menschen – gestohlene Lebenszeit und Lebensenergie, und niemand kann genau vorhersagen, wie sich das letztendlich in ein paar Jahren auswirken wird. Welche psychischen und physischen Schäden werden bei dem Einen oder Anderen zurückbleiben? Eigentlich ist das Alles zum Weinen.

Die neuartige „Grippe“ machte mir nie Angst, ebenso wenig wie vor Jahren die Schweinegrippe oder die Vogelgrippe.

Als dann irgendwann im Frühjahr des Jahres 2020 ein Anchor-Mann im staatlichen Fernsehen in den NACHRICHTEN für eine Corona-App warb, wusste ich, dass etwas nicht stimmen konnte. Auch die Nachrichtensprecherinnen sprachen und bewegten sich, für mein Empfinden, auf eine neue, unnatürliche Art. Und dann dieses ständige Herunterbeten von Nachrichten bezüglich Corona. Irgendetwas war für mich faul an der Sache, doch schwer greifbar.  Damals habe ich den Fernseher und das Radio vom Netz genommen, mit einem schwarzen Tuch verhängt und bis zum heutigen Tag nicht wieder eingeschaltet.

Mein damaliger Hausarzt zwang mir eigenhändig, unter Protest meinerseits, eine Maske auf – ein Übergriff, der mir bis heute in den Knochen steckt. Damit hatte sich für mich das Thema Hausarzt erledigt.

Das Einkaufen ohne Maske gestaltete sich für mich zum Spießrutenlauf. Einmal pro Woche tat ich mir das an. Häufiger wollte ich mir das nicht zumuten. Die Zurufe „Maske!“ oder „Maske auf!“, die Drohungen mit der Polizei – merkwürdigerweise meist vonseiten anderer Einkaufenden, klingen mir noch in den Ohren.

Meine Nachbarn mieden mich, eigentlich meiden sie mich noch immer. Aus einem 5-Meter-Abstand ist jetzt vielleicht ein 3-Meter-Abstand geworden. Das heißt aber auch, dass ich manchmal zwei Tage lang mit keiner Menschenseele spreche.

Bei der Beerdigung meines Mannes im Herbst 2020  –  nein, er starb NICHT an Corona  –  konnten sich die meisten Verwandten nicht zu einer Verabschiedung am Grab überwinden.

Auch mein Freundeskreis schrumpfte auf nahezu Null.

Die evangelische Kirche zeigte sich von ihrer eher unchristlichen Seite. Bei der Konfirmation eines Enkels wurde meinem Sohn und mir ganz hinten in der Dorfkirche, fast versteckt in der letzten Bankreihe jeweils ein Platz zugewiesen. Wir wurden in aller Öffentlichkeit ausgegrenzt, durften allerdings von Weitem dem Geschehen folgen.

Von Begebenheiten dieser Art könnte ich noch lange erzählen. Trotzdem, es geht mir ordentlich, oder doch: gut?!

Ich habe neue Menschen, neue Freunde kennengelernt. Seit November 2020 begeben wir uns in einem etwa 6-tausend-einwohnergroßen Ort im Landkreis München auf regelmäßige Montagsspaziergänge. Bis vor etwa einem dreiviertel Jahr ständig begleitet von Polizeieinsatzfahrzeugen. Mittwochs beteiligen wir uns an Demonstrationen in München. Dort habe ich schlimme Szenen gesehen, in denen die Polizei aus dem Nichts heraus übergriffig wurde und brutale Situationen inszenierte und durchexerzierte, nach dem Motto: Schädige Einen, erziehe Viele. Erfolg hatten sie mit diesen Aktionen nicht.

2021 warteten und demonstrierten wir vor Schulen, in der Hoffnung, den einen oder anderen Schüler vom sogenannten „Pieks“ abhalten zu können. Wahrscheinlich war das jedesmal, wie es im englischen Sprachgebrauch so treffend heißt: a hope against hope (in etwa: Machtlosigkeit gepaart mit Hoffnung).

Aber da war und ist ständig das Gefühl, etwas tun zu wollen, etwas tun zu müssen, die Kinder und Jugendlichen vor etwas ganz Düsterem bewahren zu wollen.

Ich habe Prospekte ausgetragen, Aufkleber verteilt und bin einer Frauengruppe beigetreten. Wir treffen uns etwa einmal im Monat. Das funktionierte auch in der Zeit, als Kontakte untersagt waren.

Diese für mich als NICHT-Pandemie erlebte Zeit, mit den im Hintergrund ablaufenden, geplanten politischen Veränderungen und Grundrechte-Einschränkungen (digitales Geld, Smart-City-Bestrebungen, Deindustrialisierung, Klimadebatten, Waffenlieferungen, …) kostet mich viel Kraft.

Kürzlich fragte mich eine Bekannte, ob ich den Jahren 2020 bis Ende 2022 nicht etwas Positives abgewinnen könne, für mich  –  persönlich. Ich kam ins Grübeln und dachte nach. Dabei blieb ich bei zwei Punkten hängen: dem Thema  „Information“ und dem Thema „Dankbarkeit“:

Ich lasse vermehrt Situationen an mir vorüberziehen, ohne sie bewerten zu wollen.

Unsere in der Schule und auf der Universität gelehrte Geschichte empfinde ich als löchrigen Teppich. Was verbirgt dieser Teppich noch? Was deckt er zu? Ich möchte noch genauer hinsehen und in Frage stellen. Das geht nur, indem ich tiefer in die Materie eintauche und mich informiere.

Darüber hinaus versuche ich dogmatische Denkansätze in meinem Leben häufiger zu erkennen und zu hinterfragen. Ob mir das manchmal gelingt? Die alten Muster sind hartnäckig.

Menschen, wie Daniele Ganser und Eugen Drewermann höre ich gerne und aufmerksam zu. Aber oft staune ich bei Gesprächen im Alltag über warmherzige und unerwartet versöhnliche Äußerungen meiner Gegenüber, die manchem bekannten Mahner in nichts nachstehen.

Meine Sehnsucht, stärker im Einklang mit der Natur zu leben, ist gewachsen. Es fühlt sich gut an, Erde durch die Hände rinnen zu lassen, etwas gedeihen zu sehen, den Wert von Wildpflanzen zu schmecken. Tiere zu beobachten. Nur mit Fruchtfliegen und Stechmücken kann ich mich noch nicht anfreunden. Ein Albrecht Schweitzer oder Gandhi werde ich wohl nie.

Diese Jahre haben mich vor allem Dankbarkeit gelehrt. Dankbarkeit, weil ich eine neue Sicht auf manche Dinge entwickeln kann, weil ich viel über mich selbst und meine Ängste erfahre. Dankbarkeit vor allem für meine wunderbaren Kinder und Enkelkinder, die mir in vielem voraus sind, und die in dieser außergewöhnlichen Zeit voller Mut und Kraft und Liebe für ein humanes Leben eintreten.

Ich bin etwas müde geworden, gebe aber nicht auf. Annähernd drei Jahre sind eine lange Zeit, aber vielleicht brauchen wir weitere drei Jahre, um uns gegen das Unrecht zu stemmen und uns Gehör zu verschaffen. Einer Sache bin ich mir ganz sicher: Wir, gemeinsam, werden es schaffen  – für unsere Kinder. Wir sind es ihnen schuldig.

Eure Soshana