Chronik 1

Impfpflicht? Zwischen zwei Abstimmungen – # 01 – Eine Corona-Chronik zu Wissenschaft, Kommunikation und Politik in einer zerrissenen Gesellschaft

Am Dienstag, 30. November 2021, spricht sich der da noch „zukünftige“ Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem letzten von Angela Merkel geführten Bund-Länder Treffen für eine allgemeine Impfpflicht aus und kündigt zugleich an, dass bei der zukünftigen Abstimmung (hier: „Zweite Abstimmung“) im Bundestag dafür der Fraktionszwang entfallen solle. 

Am Freitag, 10. Dezember 2021, beschließt der Bundestag (hier: „Erste Abstimmung“) den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, der eine Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal („einrichtungsbezogene Impfpflicht“) ab 15. März 2022 beinhaltet.

#Wir dokumentieren hier die Zeit „zwischen den Abstimmungen“, mit dem 30. November 2021 als Startpunkt. Das Ergebnis ist ungewiss, da die zweite Abstimmung noch nicht stattgefunden hat. Sicher ist, dass diese Zeit von der Nachwelt aufgearbeitet werden wird. Insofern möge die Chronik dazu beitragen, den Überblick in der Gegenwart zu behalten und eine Rückschau zu unterstützen. Zu welchem Urteil die Historiker wohl kommen werden?

#Wir beleuchten die Ereignisse systematisch anhand folgender Dimensionen

  1. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen
  2. News von Pharma/Biotech und Fachbehörden
  3. Kommunikative und mediale Höhepunkte
  4. Politische Entscheidungen und Maßnahmen
  5. Juristische Prozesse und Entscheidungen
  6. Gesellschaftlicher Diskurs und Reaktionen

#Wir sind zu zweit, weiblich, akademisch und beruflich qualifiziert in biomedizinischer Forschung und Industrie, in Politikwissenschaft, Ökonomie und Journalismus. Wir streben nach einer ausgewogenen Darstellung derjenigen Ereignisse, die wir entscheiden aufzugreifen. Wie in einer Chronik üblich, obliegt die Auswahl dem Chronisten.

Der Entschluss zur Erstellung der Chronik ist spontan entstanden. In der kurzen Zeit seit dem 30.11.2021 – unserem Startpunkt – haben sich die Ereignisse überschlagen. Wir haben die Absicht, möglichst zeitnah und regelmäßig zu berichten. Für 2021 haben wir jedoch bereits die „Weihnachtspause“ zur Fertigstellung der ersten beiden Chronikeinträge nutzen müssen.

Aktuell sind wir noch auf der Suche nach einem geeigneten Publikationsmedium („zuhause“) für unsere Publikationen.

Dennoch hier bereits Chronikeintrag #01, für die Zeitspanne vom 30.11.2021 bis zum 12.12.2021.

Chronikeintrag #1 am 12.Dezember 2021

  1. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen

Die wissenschaftliche Diskussion und Forschung wird seit kurzem von der neuen Virusvariante Omicron dominiert. Unter „B.1.1.529“ betrat sie am Mittwoch dem 24.11.2021 die Weltbühne, als aus Südafrika entsprechende Informationen an die WHO (Weltgesundheitsorganisation) übermittelt wurden. Seit Freitag dem 26.11.2021 ist sie benannt als „Omicron“ und zugleich von der WHO als „Variant of Concern“ (VoC) eingestuft – in Rekordzeit, und erst die fünfte solche Variante, nach Alpha, Beta, Gamma und Delta. Hier ein Überblick: https://www.who.int/en/activities/tracking-SARS-CoV-2-variants/.

Aufgrund der erst kurzen Erfahrung mit Omicron können „wissenschaftliche Erkenntnisse“ dazu bestenfalls als „vorläufig“ gewertet werden. Häufiger muss man sie als „hypothetisch“ einordnen. Wir wissen noch sehr wenig, diskutiert wird viel, vor allem über die zentralen Fragen: Wie ansteckend ist Omicron und wie gefährlich, für wen besonders, oder auch nicht? Wird Omicron weltweit dominierend werden, und wenn ja, wie schnell? Helfen die auf dem westlichen Markt etablierten Impfstoffe (von Pfizer/BioNTech, Moderna, AstraZeneca und J&J) gegen Omicron? Falls ja, dann wie, hinsichtlich Selbstansteckung, Virusweitergabe und Krankheitsverlauf?

Am Mittwoch dem 8.12.2021 gibt es aus drei unterschiedlichen wissenschaftlichen Richtungen (Durban/Südafrika, Frankfurt/Deutschland und Stockholm/Schweden) sowie von Pfizer/BioNTech (s.u.) erste vorläufige Antworten zur vermuteten, reduzierten Impfstoffwirksamkeit durch Omicron siehe https://www.nature.com/articles/d41586-021-03672-3“ sowie deutschsprachig  https://www.tagesschau.de/inland/corona-omikron-ciesek-103.html. Vorgestellt und diskutiert werden dort Ergebnisse von Antikörper – Neutralisationsstudien in Zellkulturen. Aus allen drei Richtungen wird bestätigt, dass sich in diesen Zellkulturexperimenten eine so starke Reduktion der Wirksamkeit der etablierten Impfstoffe manifestiert, dass von einer Wirksamkeit der Impfstoffe im Menschen, so wie bisher eingesetzt, nicht ausgegangen werden kann. Diese Erkenntnis ist für die wissenschaftliche Gemeinschaft nicht überraschend, vielmehr aufgrund von Art und Ausmaß der bei Omicron in der Gensequenz vorliegenden Mutationen weitgehend erwartet worden.

Eine leichte Hoffnung wird jedoch zugleich in den Raum gestellt: Eine dritte (Nach-)Impfung/ Boosterung könne ggf. erreichen, dass die alten Impfstoffe noch eine gewisse Wirkung gegen die neue Variante haben könnten. Im Originalpaper der Gruppe um Alex Sigal aus Durban/ Südafrika https://www.ahri.org/wp-content/uploads/2021/12/MEDRXIV-2021-267417v1-Sigal.pdf wird zudem darauf hingewiesen, dass eine vorherige Infektion gefolgt von einer Boosterung die Immunantwort zu verstärken scheine und daher Schutz vor schweren Verläufen bieten könnte. Zudem wird von verschiedenen Seiten nunmehr argumentiert, dass unabhängig von der bisher im Kontext der Impfstoffe als maßgeblich erachteten Antikörpertiter auch die T-Zell-Antwort als Teil der Immunreaktion berücksichtigt werden müsse, dass darüber aber diese Essays nichts aussagen könnten. Inhaltlich korrekt bzgl. der Bedeutung der T-Zell-Antwort müssen diese Aussagen bezüglich der weiteren Impfstoffwirksamkeit als „Prinzip Hoffnung“ gewertet werden, es gibt zu Omicron diesbezüglich noch keine Studiendaten.

2. Pharma/Biotech und Regulatorik

Ebenfalls am Mittwoch dem 8.12.2021 berichtet BioNTech/Pfizer von Ergebnissen aus ihren eigenen Neutralisationsstudien https://investors.biontech.de/news-releases/news-release-details/pfizer-and-biontech-provide-update-omicron-variant. Im deutschsprachigen Raum wird kommuniziert, dass „eine dritte Dosis die neutralisierende Wirkung im Vergleich zu zwei Dosen um das 25-Fache erhöhehttps://www.tagesschau.de/inland/corona-omikron-ciesek-103.html.  Sehr kritisch zu den Aussagen von BioNTech/Pfizer äußert sich Prof. Alexander Kekulé in seinem „Kekulés Corona-Kompass Podcast von Donnerstag dem 9.12.2021 https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/kekule-corona/kekule-corona-kompass-zweihundertvierundfuenfzig-100-downloadFile.pdf und kritisiert insbesondere, dass der Ausgangswert nicht genannt ist: „25 mal null ist auch null.“ Die Schlagzeile auf Reuters hingegen lautet: „Pfizer, BioNTech vaccine neutralizes Omicron with three shots“ https://www.reuters.com/business/healthcare-pharmaceuticals/biontech-pfizer-say-test-shows-3-doses-vaccine-neutralise-omicron-2021-12-08/ Die Planken zur Begründung der Notwendigkeit der Boosterung sind schnell eingeschlagen.

Parallel zur Debatte um Wirksamkeit und Boosterung bei den bereits auf dem Markt befindlichen Impfstoffen weckt am Donnerstag dem 2.12.2012 die Ankündigung der EMA (Europäische Arzneimittelbehörde) einer beschleunigten Zulassungsprüfung („rolling review“) des Corona-Totimpfstoffes der französisch-österreichischen Firma Valneva https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-starts-rolling-review-valnevas-covid-19-vaccine-vla2001 Hoffnung in unterschiedliche Richtungen. Einerseits bei einigen der noch Ungeimpften, die auf die Möglichkeit der Impfung mit einem nach einer traditionelleren Methode hergestellten Impfstoff warten. Andererseits bei Fachleuten gerade in Hinblick auf Omicron, da bei einer Impfung mit VLA2001 – inaktivierte SARS-CoV-2 Partikel mit hoher S-Protein Dichte kombiniert mit zwei Wirkstoffverstärkern (Adjuvantien) – eine eher breiter gefächerte Immunantwort erwartet wird. Die Hoffnung besteht, dass dadurch Virusvarianten inkl. Omicron effektiver erfasst werden könnten. Leider ist die Zeitachse zu einer Zulassungsentscheidung damit zwar beschleunigt aber nicht klar vorhersehbar

Am Donnerstag dem 9.12.2021 aktualisiert die STIKO ihre COVID-19-Impf-Ratschläge und „empfiehlt Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren mit Vorerkrankungen die Impfung gegen COVID-19. Bei individuellem Wunsch können auch Kinder ohne Vorerkrankung geimpft werden“ https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-12-09.html . Dies ist keine generelle Empfehlung für eine Impfung dieser Altersgruppe. Die Impfkampagne für diese Altersgruppe ist aber schon längst angelaufen https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-kinderimpfung-unter-12-termine-100.html .

  • Kommunikative und mediale Höhepunkte

Thomas Mertens, Vorsitzender der STIKO, erhält hohe mediale Aufmerksamkeit, als er im Vorgriff auf die Entscheidung der STIKO bzgl. einer Impfempfehlung für Kinder von 5-11 Jahren am Ende eines längeren Interviews auf eine dahingehende Frage antwortet, dass er „eigene sieben Jahre alte Kinder derzeit nicht gegen das Coronavirus impfen würde“ (am Mittwoch dem 1.12.2021: https://www.faz.net/podcasts/f-a-z-podcast-fuer-deutschland/stiko-chef-mertens-zur-corona-impfung-fuer-kinder-17661957.html, dazu am Donnerstag dem 2.12.2021:  https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/stiko-chef-mertens-wuerde-eigene-kinder-nicht-gegen-corona-impfen-17662194.html). Zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits viele gewichtige Stimmen, die eine rasche, positive Impfempfehlung der STIKO fordern. Die STIKO spricht solch eine generelle Impfempfehlung jedoch nicht aus (s.o.) und Thomas Mertens muss sich am Donnerstag, dem 9.12.2021 im ZDF-Interview mit Marietta Slomka anklagenden Fragen stellen. Bei seinen Antworten wird er von der Fragenden häufig abrupt unterbrochen, dieses merkt er an, bleibt trotz des unangemessenen Tons des Interviews jedoch ruhig: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-stiko-mertens-kinder-impfungen-100.html

Der langjährige SPD-Gesundheitspolitiker und prominente Corona-Talk-Show Gast Prof. Dr. Karl Lauterbach wechselt die Bühne und wird Bundesgesundheitsminister. U.a über Twitter war diese Position für ihn von vielen eingefordert worden: #wirwollenKarl, #KarlforGesundheitsminister, #LauterfürLauterbach, siehe:

https://www.wuv.de/medien/wirklich_alle_wollen_karl_lauterbach

Bundeskanzler Olaf Scholz stellt ihn dann am Mittwoch dem 8.12.2021 mit den Worten vor „und so haben sich bestimmt die meisten Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gewünscht, dass der nächste Gesundheitsminister vom Fach ist und das wirklich gut kann und dass er Karl Lauterbach heißt – er wird es“ https://www.youtube.com/watch?v=EPqU8-uhGrU. Dies, obwohl Karl Lauterbach nicht der Wunschkandidat für Olaf Scholz war, ebenso wenig wie für signifikante Teile der Bevölkerung, die ihn als „Panikmacher“ sehen. Eine kontroverse Besetzung eines schwierigen Ministerpostens ist erfolgt.

Der neuernannte Gesundheitsminister verliert keine Zeit und verkündet umgehend die neue Sicht auf das Impfgeschehen: „Die Impfung ist nur abgeschlossen, wenn man dreimal geimpft wurde“ https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/gesundheitsminister-lauterbach-warnt-vollstaendig-geimpft-bald-nur-noch-mit-boos-78489218.bild.html. Dazu Prof Alexander Kekulé, ebenfalls in Folge 254 seines „Kekulés Corona-Kompass Podcast“ von Donnerstag dem 9.12.2021: „Wenn ein Medikament halt immer schlechter wirkt, dann zu sagen: Ihr müsst noch mehr davon nehmen, damit ihr gewisse Qualifikationen erfüllt. Das ist, glaube ich, der falsche Weg.“ https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/kekule-corona/kekule-corona-kompass-zweihundertvierundfuenfzig-100-downloadFile.pdf

Die Steigerung folgt jedoch umgehend und die Idee der vierten Impfung wird medial verankert. In der BILD vom Samstag dem 11.12.2021, Seite 3 in der Druck- Ausgabe, angebunden an das ausführliche Interview von Karl Lauterbach, erklärt der Vorsitzende des deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, dass er damit rechne, dass „im Sommer, spätestens im Herbst eine vierte Impfung nötig“ sein werde https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/pandemie-deutschland-auffrischung-impfung-101.html .

Gleichzeitig läuft eine privatwirtschaftlich koordinierte Werbekampagne an, in deren Rahmen ab Dienstag dem 7.12.2021 mehr als 150 deutsche Firmen ihre Slogans abwandeln, um Menschen zur Corona-Impfung zu motivieren, beispielsweise „quadratisch, praktisch, geimpft“ (Ritter Sport) oder, prophetisch, „Es gibt immer was zu impfen“ (Hornbach). Der zu dem Zeitpunkt noch designierte Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnet die Kampagne laut Mitteilung als “ein herausragendes Zeichen gesellschaftlicher Verantwortung und Eigeninitiative“ https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/impfkampagne-150-marken-slogan-101.html. Bei den zu diesem Zeitpunkt von den Konsummöglichkeiten bereits weitgehend ausgeschlossenen, nicht-2G qualifizierten Erwachsenen und Jugendlichen in Deutschland stößt „Brands against Corona“ auf wenig Gegenliebe. Es wird zu kreativem Protest aufgerufen https://corona-blog.net/2021/12/17/mach-mit-bei-der-einkaufswagen-challenge-denn-etwas-besseres-finden-wir-ueberall.  Auch in unspektakulärer Form: Boykott wo irgend möglich drängt sich als Gegenreaktion in dieser Gruppe auf – dank griffiger Slogans leicht umsetzbar und mit hohem Erinnerungswert.

FC-Bayern-Fußballer Joshua Kimmich gibt im ZDF ein devotes Interview zu Corona: https://www.zdf.de/sport/zdf-sportreportage/joshua-kimmich-fussball-fc-bayern-corona-interview-100.html; wenige Tage zuvor hatte er sich infiziert. Ende Oktober hatte er sich auf Nachfrage erstmals zu seinem Impfstatus geäußert und erklärt, dass er sich ob der Unsicherheiten im Zusammenhang mit „fehlenden Langzeitstudien“ zu mRNA-Impfstoffen vorerst nicht impfen lassen wolle. Er wolle auf die Zulassung von Totimpfstoffen warten. Dadurch hatte er bereits einen medialen „Shitstorm“ auf sich gezogen. In diesem Interview muss er nun zahlreiche Fragen zu „Schuldgefühlen“ beantworten, da er seiner Vorbildrolle nicht nachgekommen sei und seine Mannschaft als Quarantänefall im Stich gelassen habe. Er beteuert, dass er sich kurz vor der Infektion bereits für eine Impfung entschieden habe und sich nun impfen lassen würde, sobald das für ihn möglich sei. Seine Hinweise auf den massiven Druck und den Übergriffen in das Privatleben, denen er und seine erweiterte Familie auch im heimischen Umfeld ausgesetzt waren, greift der Reporter nicht auf. Der NZZ-Akzent-Podcast 413 thematisiert den Fall, man schwankt in der Charakterisierung des ZDF Interviews zwischen „es hat etwas von Beichtstuhl sitzen“ und „ich hätte es Verhör genannt“. https://www.nzz.ch/podcast/sollen-profisportler-immer-vorbilder-sein-nzz-akzent-ld.1660895

Politische Entscheidungen und Maßnahmen

Bund

Am Dienstag dem 7.12.2021 und am Donnerstag dem 9.12.2021 trifft sich jeweils die „Bund-Länder Konferenz“, am Dienstag unter gemeinsamer Leitung von Noch-Kanzlerin Angela Merkel, am Donnerstag unter der Leitung von Olaf Scholz, der am Mittwoch dem 8.12.2021 zum Bundeskanzler ernannt wurde (https://www.tagesschau.de/inland/scholz-ernennung-bundeskanzler-101.html)

Am Dienstag wird gesprochen, am Donnerstag dem 9.12.2021 werden Beschlüsse gefasst „um die vierte Corona-Welle zu brechen“, Beschlüsse, die überwiegend auf Ungeimpfte abzielen

https://www.rnd.de/politik/corona-gipfel-heute-diese-massnahmen-wurden-beschlossen-WVQG3WYBFJBZXETHI53SWYXNRU.html. Abgesehen vom Besuch von Geschäften des täglichen Bedarfs dürfen Ungeimpfte am öffentlichen Leben nicht mehr teilnehmen und unterliegen auch im privaten strengen Kontaktbeschränkungen: Es dürfen nur maximal zwei Personen eines weiteren Haushaltes getroffen werden. Für Geimpfte und Genesene (2G) gelten keine dieser Regeln. Ausnahme: Beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen in geschlossenen Räumen wie Konzerte, Theater müssen auch 2G-Bürger zusätzlich einen Schnelltest vorlegen (2Gplus)

Am Freitag dem 10.12.2021 beschließt der Bundestag den gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie.  In zweiter Lesung hatten die Koalitionsfraktionen und die Unionsfraktion für den Gesetzentwurf gestimmt, die AfD dagegen, die Linksfraktion enthielt sich. Das Gesetzespaket beinhaltet eine Impfpflicht für Personal in Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen. Die Impfpflicht tritt am 15. März 2022 in Kraft und die Nachweise müssen bis dahin vorliegen. Neue Tätigkeitsverhältnisse können ab dem 16. März 2022 nur bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises eingegangen werden. https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=759 .

Bayern

Bayerns Regierung muss am Sonntag dem 5.12.2021 eingestehen, dass mit falschen Daten argumentiert wurde bzgl. der Einstufung von Covid-Erkrankten als vorher geimpft bzw. ungeimpft. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat bei der Erfassung der Covid-Infektionen bei ca. 70% der Personen den Impfstatus nicht erfasst, diese wurden dann in der Statistik den Ungeimpften zugeschlagen. Die Zahlen waren Basis für die Berichte der Staatsregierung und die Begründung strengerer Maßnahmen für Ungeimpfte https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-inzidenzzahlen-lgl-ungeimpfte-1.5480595.  Die FDP-Fraktion fordert in einer Pressekonferenz und im Landtag ob der falschen Zahlen personelle Konsequenzen, Aufklärung und Transparenz, um das Vertrauen in staatliche  Institutionen wieder herzustellen https://www.fdpltby.de/corona-politik-aufgrund-verzerrter-inzidenzwerte-hagen-und-fischbach-fordern-transparenz-und. Wegen Missachtung des parlamentarischen Fragerechtes fordert FDP-Vize Wolfgang Kubicki sogar Verfassungsklage gegen Markus Söder  einzureichen https://www.welt.de/politik/deutschland/plus235578842/Bayern-Inzidenz-Kubicki-fordert-Verfassungsklage-gegen-Soeder.html. Antworten bleiben aus, als Reaktion auf die Kritik verzichtet Bayern ab Freitag dem 10.12.2021 gänzlich auf die Ausweisung der Zahlen hinsichtlich des voherigen Impfstatus (geimpft-ungeimpft). Die 2G-Maßnahmen bleiben unangetastet.

Seit Mittwoch dem 8.12.2021 gilt in Bayern im Vorgriff auf die am Folgetag auf Bundesebene gefassten Beschlüsse bereits 2G im Handel, außer für Geschäfte des täglichen Bedarfs. Es finden Einlasskontrollen statt. Diese Regel führen in den Folgetagen auch die anderen Bundesländer ein. Der Handel bangt ums Weihnachtsgeschäft

  • Juristische Prozesse und Entscheidungen

Am Dienstag dem 30.11.2021 erfolgt die mit Spannung erwartete Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Bundesnotbremse https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-101.html, also den in der Vergangenheit seitens der Regierung ergriffenen Lockdown Maßnahmen. Das Bundesverfassungsgericht erteilt dabei Absolution und weist entsprechende Verfassungsbeschwerden zurück, die sich gegen die strengen Bestimmungen im Winter/Frühjahr 20/21 richteten. Dazu die Einschätzung der Haufe Online Redaktion am selben Tag: „Die jetzt veröffentlichten Grundsatzentscheidungen BVerfG sind sowohl in ihrem Tenor als auch in den Begründungen überraschend eindeutig. Quintessenz: Der Gesetzgeber hat alles richtig gemacht. Die mit dem 4. Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite verfügten Freiheitsbeschränkungen der Bundesbürger waren sämtlich verfassungsgemäß“ https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/strafrecht-oeffentl-recht/bverfg-weist-alle-verfassungsbeschwerden-zur-bundesnotbremse-ab_204_556596.html.

Der Erste Senat des BVerfG hat dabei ohne mündliche Verhandlung entschieden, was von einigen Juristen deutlich kritisiert wird.  Andere Juristen gehen in ihrer Kritik deutlich weiter, so z.B. Gerhard Strate am Freitag dem 3.12.2021: „Der allzu breite Handlungsspielraum, den das Verfassungsgericht damit dem Gesetzgeber einräumt, hat das Zeug zu einer unheilvollen Blaupause. Findet sie Eingang in die ständige Rechtsprechung, hat sie das Zeug dazu, den Wesensgehalt des Grundgesetzes dauerhaft aus den Angeln zu heben.“ https://www.cicero.de/innenpolitik/urteil-zur-bundesnotbremse-in-den-bahnen-des-rechts

  • Gesellschaftliche Reaktionen

Bereits Ende November hatte die Bundeswehr weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit eine Corona-Impfpflicht für Soldaten eingeführt („Impf-Duldungspflicht“) https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundeswehr-fuehrt-corona-impfpflicht-als-erste-einrichtung-ein-17648335.html. Die harten Strafen im Falle einer Verweigerung werden abstrakt medial aufgeführt https://www.zeit.de/news/2021-12/03/neue-befehlslage-impfverweigerern-drohen-harte-konsequenzen . Es werden aber auch erste namentliche Fälle publik, in denen Angehörige der Bundewehr erklären, dass sie diesem Befehl nicht nachkommen werden. So zirkuliert der Brief des Oberfeldwebels Anton Oberauer aus Bad Reichenhall an seinen Vorgesetzten von Donnerstag dem 2.12.2021 in den sozialen Medien und erregt signifikante Aufmerksamkeit https://corona-blog.net/2021/12/03/soldat-widersetzt-sich-mit-offenem-brief-der-impfpflicht/, er selbst spricht auf einer Veranstaltung in Rosenheim am Freitag dem 10.12.2021 https://www.youtube.com/watch?v=qVfF_7uxSfQ.

Als Protest gegen die beschlossenen und ab dem 15. März 2022 in Kraft tretende Impfpflicht für Personal im Gesundheitswesen haben Pflegekräfte die Protestaktion „Aktion Berufsurkunde“ initiiert, bei der sie ihre Berufsurkunden durchstreichen und mit „Impfpflicht? Ohne mich“ ergänzen und dies den Abgeordneten des Bundestags übermitteln. https://corona-blog.net/2021/12/11/impfpflicht-fuer-gesundheits-und-pflegepersonal-ab-15-maerz-beschlossen-pflegteuchselbst/

Die Verschärfung des Fachkräftemangels in der Pflege durch die Maßnahmen der Politik wird ebenfalls in einem emotionalen Video thematisiert, das eine Mitarbeiterin der LMU in der Leichenhalle der Pathologie aufnimmt, aus Anlass der für ungeimpfte Mitarbeiter/innen verpflichtend eingeführten und zu diesem Zeitpunkt selbst zu zahlenden PCR-Tests https://www.youtube.com/watch?v=_TUsk6QrP-w. Sie löste damit ihre  Kündigung aus https://www.forschung-und-lehre.de/management/lmu-kuendigt-mitarbeiterin-wegen-corona-video-4235. In den lokalen und überregionalen Print-Medien wird sie heftig kritisiert, in den sozialen Medien erfährt sie jedoch sehr viel Beachtung und Zustimmung, es kommt zu Solidaritätsaktionen, so am Donnerstag dem 2.12.2021: https://corona-blog.net/2021/12/02/neben-samii-aeussert-sich-nun-auch-die-krankenschwester-michaela/

Am Samstag dem 4.12.2021 stellt die im Netz live übertragene zweite Pathologiekonferenz https://www.pathologie-konferenz.de/ Ergebnisse aus weiteren pathologischen Untersuchungen von Gewebeproben vor, die aus Obduktionen von Verstorbenen stammen, deren Tod in einem zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen gegen Covid-19 stand. Die Ergebnisse werden als alarmierend bewertet. Auch die vorgestellte Analyse von Sterbedaten aus UK, die die Sterblichkeit von Geimpften versus Ungeimpften im zeitlichen Zusammenhang zur Impfkampagne aufbereitet, gibt Grund zur Sorge. Bemerkenswert sind neben den Inhalten die Lebensläufe der Initiatoren, der Pathologie-Professoren Dr. Burkhardt und Dr. Lang, die auf signifikante berufliche Erfahrungen und Lebensjahre zurückschauen, sich aber nicht als „Pathologen im Ruhestand“ verstehen wollen. Bereits ihre erste Pathologiekonferenz vom 20.09.2021 erregte Aufsehen und wurde vielfach geteilt und dann zensiert. https://report24.news/2-pathologie-konferenz-impfung-ist-bei-vorerkrankten-normalerweise-toedliche-aktion/

Impfpassfälschung ist kein neues Phänomen, nimmt jedoch als Ausweichreaktion gegen die 2G, 3G und 2G+ Einschränkungen und Verschärfungen zu und wird medial stark thematisiert, u.a. https://www.dw.com/de/der-boom-gef%C3%A4lschter-impfp%C3%A4sse/a-60104829. Erste prominente Fälle werden bekannt, nicht nur beim Fußball-Zweitligisten Werder Bremen https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/corona-impfung-impfpass-faelschung-100.html. Eine Gesetzeslücke war bereits am 18. November im Bundestag geschlossen worden, die Eintragung falscher Impfdokumentationen und der Gebrauch stehen seitdem unter Strafe https://dserver.bundestag.de/btd/20/000/2000015.pdf

ENDE