Presse

Pressemitteilung WHO-Pandemievertrag und IHR vom 19.5.22

Das Handelsblatt wiegelt Sorgen anlässlich der anstehenden WHO-Versammlung vorschnell ab. Wir fordern:

Keine Änderungen der WHO-Vereinbarungen ohne breite Diskussion!

Das Handelsblatt hat am 18.05.22 das Thema „WHO-Pandemievertrag und IHR“ aufgenommen – indem es eine abwiegelnde dpa-Meldung wiedergibt. Im Kern wird jedoch genau das bestätigt, was uns besorgt:

Bereits jetzt im Mai 2022 planen die USA bei der nächsten WHO-Versammlung in Genf Änderungen der „International Health Regulations“ (IHR). Die EU unterstützt diesen Vorschlag bislang. Mittelfristig, so wollen es die EU und weitere rund 40 Länder, soll ein ganzer „WHO-Pandemievertrag“ entstehen. Über beides – IHR-Änderungen und Pandemievertrag – fordern wir zunächst eine breite gesellschaftliche Diskussion, denn die Implikationen könnten weitreichend sein.

Die Behauptung der dpa-Meldung, dass die Verfassung nicht ausgehebelt werden könne, ist wenig beruhigend, fast irreführend: Denn wo in nationalen Infektionsschutzgesetzen ein „Notstands-Modus“ eingebaut ist, resultiert ein Aushebeln von Grundrechten bereits schlicht durch das Ausrufen des Notstands – und hierüber soll gemäß US-Idee die WHO nun alleinige Entscheidungsgewalt bekommen.

„Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“?

Es sind teils nur kleine, aber entscheidende Streichungen, oder minimale Ergänzungen im eingebrachten Vorschlag der USA (https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA75/A75_18-en.pdf). So soll der WHO- Generalsekretär bereits bei „potentiellen“ und nicht nur bei „tatsächlichen“ Gesundheitsgefahren reagieren und eine Notlage definieren können. Und zwar nach eigenem Ermessen auch ohne Zustimmung des betroffenen Landes (die entsprechende Zustimmungs-Passage ist im Änderungsvorschlag gestrichen). Die Vorgaben, auf welche nachprüfbaren Informationen sich der WHO-Generalsekretär berufen muss, werden vollkommen aufgeweicht. (Wie) Lassen sich dann noch Entscheidungen des WHO- Generalsekretärs ausreichend transparent überprüfen und kontrollieren?

Auch angesichts internationaler Spannungen sehen wir das Problem eines enormen Missbrauchpotentials: Was, wenn ein Land fälschlich einer Gesundheitsgefahr beschuldigt wird? Länder könnten leicht international isoliert und geschwächt werden, sobald die WHO eine (potentielle) Gesundheitsgefahr als gegeben definiert. Dafür ist es unerheblich, dass die WHO Maßnahmen nur „empfiehlt“ und somit nicht direkt in die Exekutivgewalt eines Landes eingreift – denn dass de facto viele Länder umgehend reagieren und die empfohlenen Maßnahmen der WHO zumindest zum Teil umsetzen würden, davon ist angesichts eines potentiellen Ernstfalles auszugehen. Diesen Mechanismus hat Südafrika bereits im vergangenen Jahr erlebt, als plötzlich der internationale Flugverkehr mit Südafrika eingestellt wurde angesichts der Omikron-Variante – eine eindeutige Überreaktion, wie man im Nachhinein eingestehen muss.

Wie hoch ist also die Missbrauchsgefahr bei potentiell noch deutlich weitreichenderen Konsequenzen? Wie sollen die Entscheidungen der WHO kontrolliert werden? Kann eine undemokratische Beeinflussung durch Konzerninteressen oder eine Instrumentalisierung angesichts möglicher geopolitischer Interessen wirklich ausgeschlossen werden? Wie genau soll eine ausreichende Transparenz und unabhängige Überprüfbarkeit hergestellt werden?

All dies muss ausführlich, sorgfältig und in für die Öffentlichkeit verständlicher Weise diskutiert werden. Und bevor wir uns bereits jetzt auf entscheidende Rahmenbedingungen eines künftigen Pandemie-Managements festlegen, sollte zunächst einmal die aktuelle Maßnahmen-Evaluation durchgeführt, abgeschlossen und diskutiert werden. Denn als demokratische Gesellschaft brauchen wir eine fundierte Aufarbeitung der Maßnahmen der letzten 2 Jahre, bevor wir uns als mündige Bürger und mündige Parlamentarier für oder gegen bestimmte künftige Konzepte entscheiden können.

Quellen:

https://handelsblatt.com/wirtschaft-who-plan-zur-pandemiepraevention-wird-ziel-von- falschinformationen/28355530.html https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA75/A75_18-en.pdf

Weitere Informationen zu den beteiligten Initiativen:

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