Tür 22

Claudias Adentsgeschichte und Rückblick

Nach 2 ¾ Jahren, in denen so vieles Kopf stand, das Leben sich für mich eine lange Zeit anfühlte als wäre ich im Schleudergang der Waschmaschine, sich vieles umsortierte, neu ordnete, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Nicht nur ich, die meisten von uns können vermutlich ein ganzes Buch, wenn nicht sogar Buchreihen füllen; so viele verrückte Situationen, absurde Geschichten und hochemotionale Erlebnisse hätten den Stoff für ganz großes Hollywood-Kino. Sehr viele Menschen haben viel erlebt und verdauen müssen, aber ich denke am meisten diejenigen, die sich trauten umzudrehen. Wer mit dem Strom schwimmt, nichts hören und sehen mag oder kann, für den endet nun vielleicht die „Zeit der Pandemie“ und der Gesprächsstoff wird schlichtweg gewechselt. Viele Medien wissen schließlich auch weiterhin nicht zu langweilen. Wer sich jedoch umgedreht hat, sogar gegen den Strom geschwommen ist, der versucht hat, das Ganze nur irgendwie annähernd zu begreifen, der fühlt den großen Wunsch nach gemeinsamen Hinsehen; auch wenn wir uns nun, wie es meine Freundin Patricia so schön ausdrückt, erst im 4. Akt befinden und die griechische Tragödie nunmal erst nach dem 5. Akt endet. Mit Blick auf all das, was derzeit mehr oder weniger intransparent abläuft, im speziellen die fortschreitende Digitalisierung mit großen Vorteilen, aber eben leider auch mit großem Potenzial zu Missbrauch – siehe Greenpass, E-Patientenakte, E-Perso, Bargeldabschaffung, digitaler Euro, Smart City usw. wird uns nicht langweilig werden.

Klar, diejenigen, die vielleicht wenig bis nichts hinterfragt haben, beschweren sich nun: „Aufarbeitung? Warum das denn? Alles war recht zur rechten Zeit und niemand konnte das alles wissen; erst mit der Zeit ist man eben klüger, das bisschen Maske, Testen oder auch Impfen usw. hat doch auch nicht wirklich weh getan… also hört auf und lasst uns einfach normal leben.“

Was aber ist normal? Gibt es überhaupt ein normal? Und wer bestimmt das normal? Wie ich so schreibe, denke ich mir, dass ich das Wort „normal“ ebenso wie das Wort „solidarisch“ gerne jeweils als Unwort des gesamten Jahrhunderts deklarieren würde. Ich möchte in meinem Leben kein solches „normal“. Normal scheint wohl die Schublade zu sein, in der alles konform gemacht und hineingesteckt wird. Schon vor Corona. Konformität bedeutet jedoch auch Gruppenzwang und birgt Gefahren – wie viele nun am eigenen Leib erfahren durften.

Das Wort „solidarisch“, dessen eigentliche Bedeutung, wurde meiner Ansicht nach, die letzten fast 3  Jahre ebenfalls „missbraucht“ (wahrscheinlich schon viel viel länger, aber da habe ich noch nicht so deutlich hingesehen). Wenn normal betrachtet solidarisch bedeutet, dass wir andere Menschen ausschließen, demütigen, diffamieren, diskriminieren, drangsalieren, aber auch verängstigen, dann möchte ich auch nicht dieses „solidarisch“ sein.  Dann bin ich eben anormal unsolidarisch, denn das bedeutet wohl im Umkehrschluss, dass ich (versuche) alle Menschen einzuschließen, inklusive der ebenfalls schützenswerten Minderheiten, die schließlich genauso Menschen sind. Wenn ich es aus meiner anormalen Sichtweise betrachte, könnte die Minderheit in den letzten Jahren, die „Widerständigen“ sogar die eigentliche vulnerable Gruppe gewesen sein. Theoretisch.

Bereits mit dem Startschuss des Panikorchesters meldete ich mich zum Freiwilligendienst und hängte in der Nachbarschaft Zettel auf, um für die alten Leute einzukaufen. Verblüffenderweise wollten die das aber gar nicht, viele lehnten dankend ab, mit meist ähnlichen Inhalten wie: „junge Frau, für mich ist eine Woche im Leben wie für Sie vielleicht ein ganzes Jahr. Einkaufen bedeutet soziale Kontakte, bedeutet ein Ratsch auf dem Weg,  bedeutet Leben.“ Letztendlich kaufte ich für ängstliche, jüngere Menschen wie auch „Quarantänisten“ ein.

Angst, auf den Virus bezogen, hatte ich erstaunlicherweise nie, weder um mich, noch meine Familie und Freunde (Angst hatte ich durchaus, dazu komme ich später).

Meiner Auffassung nach war recht schnell ersichtlich, dass wir es zumindest nicht mit einem Virus ala Ebola zu tun hatten und zunehmend empfand ich das Gefühl, dass vieles nicht authentisch war – alleine nach dem Lesen des Panikpapiers der Bundesregierung im März 2020. Angst und Empörung vertragen sich nicht; und ich war regelrecht empört darüber, wie es sich eine Regierung anmaßen kann, bewusst Menschen und vor allem Kinder und junge Menschen in derartige Panik versetzen zu wollen.

Nur am Rande: ich denke durchaus, dass es den Virus gibt. Wo und wie genau er jetzt entstanden ist, who knows.

Hätte Ebola oder ein ähnlicher Virus grassiert, hätte es keines Panikpapieres gebraucht, ganz im Gegenteil – und das wäre authentisch gewesen – hätten die Strategen die unterschiedlichsten Experten aus unterschiedlichsten Berufsgruppen mit unterschiedlichen Ansätzen zusammengerufen, danach die Menschen aufgeklärt, mit exakt dem Wissen, das ihnen zu dem Zeitpunkt zur Verfügung steht, Tipps gegeben, von denen sie nach nach bestem Wissen und Gewissen glaubten, sie könnten in diesem Moment helfen und das Wichtigste: sie hätten beruhigt, beruhigt, beruhigt. Warum, wieso, weshalb das Strategiepapier exakt das Gegenteil enthielt, maße ich mir nicht an, es sollte jedoch dringend thematisiert und nicht unter den Teppich gekehrt werden.

Wer also mit wachen Augen durch die Welt ging, diverse Medien aufnahm, beobachtete, mit Menschen auf der Straße redete, mit Taxifahrern, Bäckern, Krankenschwestern, dem konnte schnell klar sein, dass ältere und/oder vorerkrankte Menschen wie vor jeder ansteckenden Krankheit zu schützen sind – aber eben wie schon immer Schutz nicht mit Angst zu erzielen ist, sondern mit einer stabilen Psyche, guter Ernährung, frischer Luft, sozialen Kontakten und manchmal auch mit einem sich selbst angeordneten, temporären Rückzug von der Masse – wie es Krebs- oder Palliativpatienten in der Regel von sich aus schon immer so handhaben – wohlwissend, dass nicht nur ein viraler Infekt für sie tödlich sein kann.

Von Tag zu Tag wuchs Empörung und ich war doch sehr verwundert, dass trotz aller Gespräche mit Freunden und Bekannten so wenige hinsehen und erkennen konnten, wie verdammt nackt der Kaiser war. Betroffen, ob solchen Eingriffen in die Menschlichkeit, in unsere Grundrechte, die stetig zunahmen.  

Wo blieb das Aufbegehren, als Bayern schließlich Angehörigen weitgehend den Besuch von Alten- und Pflegeheimen untersagte, die Schulen und Freizeitheime schlossen, was gerade für die jungen Menschen aus sozial schwachen Familien mit dramatischen Nachteilen verbunden war. Kein Frühstück, kein Mittagessen, keine Möglichkeiten mehr beengten Verhältnissen zu entfliehen. Keine Option mehr sich in Vereinen oder auf dem Bolzplatz auszutoben, Freunde zu treffen uvm.  

Wo blieb das Aufbegehren, als älteren Menschen verboten wurde sich bei einem kleinen Spaziergang auf einer Bank auszuruhen, als Spielplätze abgeriegelt und Verbotsschilder angebracht wurden. Kinder, die mit ihren Eltern rausgingen, verstanden die Welt nicht mehr, der Spielplatz verlockend nah und dennoch meilenweit entfernt. Wieviele derer, die gut situiert in Häusern wohnen und deren Kinder im Garten tollen konnten, schienen an die zu denken, die in der Großstadt in beengten Wohnungen hausen, meist ohne Balkon? Schulfrei mag für einige schön gewesen sein, für Städter in Plattenbauten und zu fünft in zwei Zimmern sicher nicht. Auch nicht für Alleinerziehende,  Geringverdienende, um nur einige zu nennen. Unvergesslich auch die ständig sich erneuernden Bußgeldkataloge & Ordnungswidrigkeiten, die sogar schon an Jugendliche großzügig verteilt wurden.  

Nachdem mir schließlich meine Freundin mitteilte, dass in den Jugendämtern beschlossen wurde auch nicht mehr die hochproblematischen Familien zu besuchen, außer es bestehe unmittelbar Gefahr für Leben und Tod eines Kindes, war für mich die absolute Schmerzgrenze erreicht. Keine Krankheit der Welt rechtfertigt es, jungen Menschen keinen oder zu geringen Schutz mehr zu bieten.

Wo blieb der Aufschrei, als schwerkranke und betagte Menschen alleine ohne Ansprache und ohne letzte Berührungen ihrer Lieben im Krankenhaus versterben mussten, die alten Menschen in Alten- oder Pflegeheimen teils sogar in ihren Zimmern eingesperrt wurden, ohne Besuch, ohne innergemeinschaftliche Zusammenkünfte und noch dazu ohne ausreichendes, versorgendes Personal (das oft 2 Wochen in Quarantäne zu verbringen hatte), alleine gelassen, einsam, verängstigt, in den vielleicht letzten Wochen oder Monaten am Ende ihres Lebens. Wie sich das wohl anfühlen mag?

Verwundert hat mich daher besonders dieses Unwort „Solidarität“, das vor allem unter Begünstigten wie ein Virus grassierte, die sich zum Teil darin sonnten durch Nichtstun die Welt zu retten, exakt so wie es ihnen die Regierung mit ihrer „billigen“ (leider nicht im monetären Sinne) Werbekampagne über die Helden auf der Couch eintrichterte. Wieviele Milliarden unserer Steuergelder wurden für  zahlreiche, sich selbst an Peinlichkeiten kaum zu überbietende Reklamefeldzüge verwendet. Impfen macht frei, war schon eine ganz spezielle Nummer. Wehe, die „Ausgeschlossenen“ hätten das gewagt. Schon alleine daran zu denken, hätte sicher eine Hausdurchsuchung des SEK gerechtfertigt. Aktionen dieser Art waren nicht so selten. Sehen konnten auch das nur diejenigen, die hinsahen.  

Die Angst vor dem Virus ist mir bis heute fremd. Zum einen bin ich mit dem Tod aufgewachsen, mein Bruder ist mit 9 Jahren an Krebs gestorben; mir ist bewusst, dass der Tod zum Leben dazugehört, wir sind endlich und es ist kein Tabuthema. Von daher bin ich mehr auf das Leben ausgerichtet. Sorgen hätte ich tatsächlich eher vor unsichtbaren Krankheiten wie Krebs; apropos auf den Monat gerechnet sterben hierzulande 2000 Menschen an Tumorerkrankungen.

Eine Freundin von mir ist dieses Jahr ebenfalls an Krebs gestorben und hatte zwischen Diagnose und dem Abschied von dieser Welt weniger als 4 Monate Zeit. Das machte mich sehr traurig. 

Mein Vater verstarb 2020 und hat es ebenfalls ganz ohne den Virus geschafft aus unserem Leben zu scheiden.  

Ich denke mir oft, würde die Gesellschaft den Tod nicht so tabuisieren, sondern ins Leben, in die Kommunikation mit integrieren, wäre auch die aktive Sterbehilfe erlaubt, dann hätte die Regierung möglicherweise weniger Angst verbreiten können. Der Tod wird Teil des Lebens bleiben. Punkt.

Betroffenheit erlebte ich zunehmend, Angst kam erst mit dem Impfdruck auf. Betroffen machten und machen mich immer noch so viele traurige,  menschenunwürdige Erzählungen und Erlebnisse von:

  • Menschen, die mit, an und ohne C. ganz alleine im Krankenhaus sterben mussten und den Hinterbliebenen, die nun damit klar kommen müssen
  • Menschen, die sich mit schweren Erkrankungen, Krebsdiagnosen, aber auch Schlaganfällen gar nicht erst ins Krankenhaus trauten und teilweise sogar daheim verstarben
  • Menschen, die in Alters- und Pflegeheimen verwahrlosten und vereinsamten
  • Kindern und Jugendlichen, deren Familien wenig Geld haben und die während der Lockdowns vom Schulsystem abgehängt wurden und bis heute den Anschluss verloren
  • Kindern und jungen Menschen, die die Ängste der „Großen“ auffangen mussten; Kinder, die als Schutzschild „verwendet“ wurden und all die jungen Menschen, denen so viel Angst eingetrichtert wurde
  • kleinen Kindern, die erst ein Körpergefühl entwickeln müssen und denen beigebracht wurde, dass sie sich vielleicht stark wie ein Tiger fühlen mögen, in echt aber todkrank sein könnten, oder noch schlimmer mit der Tigerstärke-Krankheit Eltern oder Oma töten könnten
  • Kindern und jungen Menschen, die in gewaltbereiten Familien verbleiben mussten, aber natürlich auch Erwachsene, die mehr denn je dem misshandelnden Partner ausgesetzt waren
  • Eltern, die reale Angst hatten ihre Familie nicht mehr ernähren zu können
  • Eltern, die hohe Bußgelder zahlen sollten und denen angedroht wurde die Kinder aus den Familien zu nehmen, weil sie diese vor Tests, schamvollen Situationen in Verbindung mit der Testung und vor den Masken schützen wollten; später zusätzlich vor anrollenden Impfbussen im Pausenhof
  • gewaltvollen Hausdurchsuchungen, nicht nur bei Ärzten
  • Paul Breitners Einführung von 1 G bei der Tafel und dem damit verbundenen „Impfzwang“  bei den Ärmsten der Armen  
  • entmenschlichendem Umgang mit Menschen, die keine Maske tragen durften oder auch wollten bis hin zu tätlichen Angriffen, Rauswürfen aus Bahn und Öffentlichen.
  • immensem Impfdruck  und Nötigung, 2 G+ vor allem für junge Menschen aber auch Eltern, die damit von allem ausgeschlossen waren; der Lieblingsbesuch freitags in der Bücherei mit den Kleinen nicht mehr möglich.
  • jungen Menschen, die des Lebens überdrüssig wurden, versuchte oder gelungene Suizide, psychische Erkrankungen, ohne dass  Betroffene aufgefangen wurden und und und…….

Es verging kaum ein Tag ohne Entsetzen über diese maßlose, andauernde Übergriffigkeit und den Ausschluss und die Abwertung von Menschen, insbesondere jungen Menschen.

Dann lernte ich doch noch die Angst kennen

Meine Tochter hatte und hat keine Angst vor dem Virus, obwohl viele um sie herum extrem verängstigt waren (Freundinnen, Freund, Klassenkameraden), Maske und Tests teils bis heute die wichtigsten Asseccoires sind. Bei jedem Schnupfen wird der Schnelltest ausgepackt. Safety first. Meine Tochter hat natürlich das Glück, dass die gesamte Familie den Virus einfach das sein ließ, was er eben war, ein Virus, der ansteckend ist, mutiert und sich mit jeder Mutation abschwächt. Punkt.

Problematisch war es für sie in der Schule und auf dem Schulweg, zumal sie als Autistin große Schwierigkeiten hat aus Gesichtern zu lesen, mimikfreie Köpfe erscheinen ihr potentiell gefährlich. Sie erhielt völlig gerechtfertigt nach langer Anamnese ein offizielles Maskenattest, was jedoch nicht anerkannt wurde. Das traf sie – zumal sie daraufhin, obwohl sie es nicht mal nutzen durfte, als Querulantin angesehen wurde (letzteres gottseidank nur temporär). All die verhüllten Menschen, der immense Druck führten dazu, dass sie nach dem 1. Lockdown von der Schule noch länger daheim blieb und täglich zugeschaltet wurde. Das tat ihr anfangs gut, aber nach und nach fehlten ihr doch die sozialen Kontakte.

Meiner Tochter wurde alles genommen, was ihr Spaß machte, was ihr soziales Leben bestimmte: die Wasserwacht des Roten Kreuzes, das Klettern, Schwimmen, alles war geschlossen  und später nur als 2G möglich. Angst um sie hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keine, aber es machte mich unendlich traurig so machtlos zu sein. Schließlich geriet sie in Online-Gruppen, die ihr nicht gut taten und die sich gegenseitig in Richtung Depression und soziale Anpassungsstörung pushten. Sie bestärkten sich untereinander, dass das Leben so nicht lebenswert und zu beenden sei.  Ihre realen Freundinnen hatten Angst sich zu treffen, es gab wenig, was ihr so richtig Freude bereitet hätte. Jüngere Kinder hatten es deutlich einfacher, denn Eltern (von begünstigten Familien) konnten die Zeit nutzen gemeinsam mit ihren Kindern Zeit zu verbringen, zu spielen, rauszugehen und vieles mehr.

Meinem Empfinden nach waren die ca. 16 bis 20/22-jährigen die gefährdetste, „vulnerableste“ Gruppe. Die Eltern können in diesem Alter definitiv keine Peergroup und keine Aktionen mit Gleichaltrigen ersetzen; sie sind voll in der Entwicklung, im Entdecken von noch mehr Selbstwirksamkeit, Eigenständigkeit, von Selbst- und Fremdwahrnehmung und wurden stattdessen in dieser hochsensiblen Phase „eingesperrt“ und mit Geräten ruhiggestellt. Natürlich gab es auch junge Menschen, die angstbefreite Freunde hatten, sich heimlich trafen & die Zeit unbeschadeter erlebten.

Junge Menschen hatten und haben kaum eine Lobby, sie werden leicht übersehen; wenn jemand ins Visier rückte, waren es die „Kinder“. Meine Tochter hatte zudem das große Pech, dass die Eltern der Freundinnen überängstlich waren; sie war daher oft alleine, was sie psychisch enorm belastete. Es gab Momente, da sprach sie immer wieder von der Sinnlosigkeit des Daseins, wechselte zwischen depressiven und explosiven Phasen. Sie war mit Recht unendlich wütend, weil es ihre Jugend war, ihr Übergang ins Erwachsenenwerden und alles, was du und ich einst erleben durften, würde sie nie mehr kennenlernen. Die Ohnmacht, ihr das nicht geben zu können, was sie sich so dringlich wünschte, ist schwer in Worte zu fassen. Wir durchlebten sehr belastende Momente und Hilfe von außen gab es nicht, da sich auch die meisten Therapeuten hinter Maske und Abstand versteckten.    

Im März 2021 stand der 18. Geburtstag meiner Tochter an, was sie zuerst stabilisierte. Bereits das Nichtfeiernkönnen ihres 17. Geburtstags (Lockdown) und das Nichterlebendürfen der aufregenden Erfahrung eines ersten Schulabschlusses inklusive Abschlussball und Abschlussfahrt setzten ihr zu.  Der 18. Geburtstag ist für sehr viele Heranwachsende das Erlebnis schlechthin, etwas, was man nicht vergisst, etwas ganz Besonderes. Das wurde es auch, aber nicht wie geplant. Meine Tochter bereitete sich wochenlang vor, plante, kaufte ein, legte das Zimmer mit Matratzen für die gemeinsame Pyjamaparty mit ihren „Freundinnen“ aus und war mega aufgeregt und glücklich. Ich war schon fertig, um außerhalb zu übernachten, da kam der Anruf, wie denn ihr Ergebnis vom Testzentrum sei. Meine Tochter erwiderte, dass sie keinen gemacht habe, da sie pumperlgesund sei, nicht das  geringste Anzeichen einer Erkältung. Wunderbar. Sie freue sich auf die Freundinnen. Das reichte aber wohl nicht aus und der Grund dafür, dass alle absagten, außer einer, die sich negativ getestet zu uns wagte – wofür ich ihr ewig dankbar sein werde, denn meine Tochter war zutiefst verletzt. Eine Mutter rief mich noch unterwegs an und meinte, wenn sie keinen Termin mehr im Testzentrum bekäme, dann könne sie ihr ausnahmsweise einen Selbsttest aus dem DM anbieten, woraufhin ich ihr erklärte, dass es meiner Tochter nicht darum ginge, sondern das Testen vor allem gesunder Menschen keinen Sinn mache, und wir auch ansonsten nicht vorhaben uns impfen zu lassen. Daraufhin wünschte sie mir noch ein schönes Leben. Das war es. Für meine Tochter war die langjährige Freundschaft mit den Mädchen zerbrochen, da das Nichtkommen für sie ein Schlag ins Gesicht war. Trotz der dramatischen und traurigen Erfahrung bin ich sehr stolz auf sie, denn obwohl ich ihr anbot, dass wir noch einen Termin im Testzentrum ausmachen könnten, winkte sie ab. Gute Freundinnen hätten nicht Angst vor ihr, die Freundschaft würde darüberstehen – womit sie Recht hat. Weggebrochen neben ihren Hobbies war nun auch noch die langjährige Freundschaftsbande.

Das Angstklima an ihrer Schule nahm im Sommer 2021 richtig Fahrt auf, denn neben Tests und Masken begann zusätzlich vonseiten der Lehrer und Mitschüler ein massiver Impfdruck. Mehrmals in der Woche liefen Abfragen, wer wann wie oft was, ständige Rundschreiben über Impfungen, Impfbusse wurden in die Schule eingeladen. Meine Tochter belastete diese Zeit massiv, zumal sie sich völlig in sich zurückziehen und in der Öffentlichkeit jemanden „anderen“ spielen musste, um dem Druck nur irgendwie standzuhalten. Sie wurde zum Chamäleon.

Auch mir machte der zunehmende Impfdruck auf die jungen Menschen Sorgen, die kleinen Kinder waren noch geschützt. Zuerst die Diskussion bezüglich 2G, dann tatsächlich die unmenschliche Einführung und damit die völlige, irre Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen, die den Impfstoff ablehnten, weil er damals wie heute – meiner Meinung nach –  ein ziemlich vages Experiment (ohne volle Zulassung) mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen ist. Mir persönlich machte der Impfdruck weniger aus. Ich spiele gerne, aber grundsätzlich kein Russisch Roulette. Meine mir nahestehende Familie war safe, aber meine Tochter sprach das Thema zunehmend an, zumal sie seit Sommer 2021 einen Freund hat, der sich mehrmals impfen ließ, der bei Schnupfen jetzt noch zum Testkit rennt und seine Maske nicht mehr hergibt. Es gab Situationen, da stand sie gefühlt ziemlich kurz davor den „letzten Schritt“ zu tun. Ich hatte unfassbar viel Angst um meine Tochter. Ich weiß nicht, wie ich es hätte aushalten sollen, hätte sie sich impfen lassen. Das Wichtigste in meinem Leben ist, dass ihr, die jetzt flügge wird und in die Welt hinausgeht, so viel wie möglich offen steht. Diese Gedanken werden wahrscheinlich nur Menschen verstehen, die sich mit dem verkürzten Zulassungsgeschehen, dem, was die Flüssigkeit tatsächlich anrichten kann (nicht muss) auseinandergesetzt haben. Es gab einige dieser „knapp davor“- Situationen in der Zeit des, wie ich empfinde, unmenschlichen Impfdruckes und ich spüre beim Gedanken daran noch heute wie hilflos und rasend ohnmächtig ich mich fühlte. Ich weine tatsächlich so gut wie nie, ich weinte auch nicht als mein Vater starb, aber aus Angst um meine Tochter habe ich mehrmals bitterlichst geweint. Das werde ich nie vergessen, auch nicht den Moment, als einmal einer meiner Auftraggeber anrief, ich dachte es wäre meine Schwester, und er die geballte Ladung purer Verzweiflung abbekam. Er hat es ganz gut weggesteckt 🙂

Nun ist etwas Zeit vergangen. Meine Tochter wirkt inzwischen gefestigter, hat nach wie vor keine Angst vor dem Virus, lässt sich nun auch nicht (mehr?) so leicht beeinflussen, weder von ihrem Freund noch dessen Eltern, noch Schulkameraden und Lehrern. Ich erlebe, dass sie im letzten Jahr einen riesigen Entwicklungsschritt vollbracht hat. Sie hat zu sich gefunden, sich noch freier gemacht von „nicht gerechtfertigten“ Normen und Regeln, findet nach und nach zu „echten“ Werten, sprich nicht monetären Werten; Werte, die nicht entzogen werden können. Ich bin stolz auf sie. Und auch wenn jetzt noch turbulente Zeiten auf uns zukommen werden, komme ich zum Ende des Jahres endlich innerlich zur Ruhe, in dem Wissen, dass ich sie ein bisschen schützen konnte, ich sie unterstützt habe an diesen Herausforderungen zu reifen und sie auf ihrem weiterem Lebensweg (für mich) wichtige Werte wie Toleranz und Freiheit in die Welt mit hinaustragen wird. Ich denke, wir werden in den nächsten Jahren junge Menschen wie sie brauchen.