Chronik 8

Impfpflicht? Zwischen zwei Abstimmungen – # 08 – Eine Corona-Chronik zu Wissenschaft, Kommunikation und Politik in einer zerrissenen Gesellschaft

Am Dienstag, 30. November 2021, spricht sich der da noch „zukünftige“ Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem letzten von Angela Merkel geführten Bund-Länder Treffen für eine allgemeine Impfpflicht aus und kündigt zugleich an, dass bei der zukünftigen Abstimmung (hier: „Zweite Abstimmung“) im Bundestag dafür der Fraktionszwang entfallen solle. 

Am Freitag, 10. Dezember 2021, beschließt der Bundestag (hier: „Erste Abstimmung“) den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, der eine Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal („einrichtungsbezogene Impfpflicht“) ab 15. März 2022 beinhaltet.

#Wir dokumentieren hier die Zeit „zwischen den Abstimmungen“, mit dem 30. November 2021 als Startpunkt. Das Ergebnis ist ungewiss, da die zweite Abstimmung noch nicht stattgefunden hat. Sicher ist, dass diese Zeit von der Nachwelt aufgearbeitet werden wird. Insofern möge die Chronik dazu beitragen, den Überblick in der Gegenwart zu behalten und eine Rückschau zu unterstützen. Zu welchem Urteil die Historiker wohl kommen werden?

#Wir beleuchten die Ereignisse systematisch anhand folgender Dimensionen

  1. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen
  2. News von Pharma/Biotech und Fachbehörden
  3. Kommunikative und mediale Höhepunkte
  4. Politische Entscheidungen und Maßnahmen
  5. Juristische Prozesse und Entscheidungen
  6. Gesellschaftlicher Diskurs und Reaktionen

#Wir sind zu zweit, weiblich, akademisch und beruflich qualifiziert in biomedizinischer Forschung und Industrie, in Politikwissenschaft, Ökonomie und Journalismus. Wir streben nach einer ausgewogenen Darstellung derjenigen Ereignisse, die wir entscheiden aufzugreifen. Wie in einer Chronik üblich, obliegt die Auswahl dem Chronisten.

Die Chronik findet sich on-line bei dem wir-gemeinsam Bündnis https://wir-gemeinsam-buendnis.de/chroniken/ sowie bei Eltern für Kinder e.V. http://elternfuerkinder.de/Corona-Chronik/, es können jeweils auch die vorherigen Einträge heruntergeladen werden. Zudem auf Medium https://medium.com/@sabine.kaiser – dort kann man auch „subscriben“. 

Es folgt der Chronikeintrag #08, für die Zeitspanne vom 5.2.2022 bis zum 11.2.2022. Die anhaltend hohen Infektionszahlen mit Omicron finden kaum noch Beachtung, seit klar ist, dass sie für die Krankenhäuser nicht problematisch sind. Zunehmend zum Problem wird jedoch die anstehende Impfpflicht in der Pflegebranche, von der Bayern ankündigt, sie zunächst nicht umzusetzen. Der 20.03.22 kommt als „Freedom Day“ ins Spiel, quasi automatisch, falls es auf Bundesebene keine Maßnahmenverlängerung gibt. „Konsens“ im Bund gibt es derzeit aber zu nichts. Die kanadischen Trucker-Proteste zünden in Europa in unterschiedlichem Maße. Der eine oder andere Politiker gießt gerne weiter Öl ins Feuer. Große Zeitungen fangen an, die zunehmende Sehnsucht nach Normalität aufzugreifen.

Chronikeintrag #8 am 11.02.2022

  1. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen

Das Statistische Bundesamt (Destatis) teilt am Montag, den 07.02.2022 mit, https://www.presseportal.de/pm/32102/5139972 dass die für Dienstag, den 08.02.2022 angekündigte Pressemitteilung mit dem Titel „Sterbefallzahlen in Deutschland (vorläufig) Januar 2022 entfällt. Gründe werden nicht genannt. Die Meldung zur Nichtmeldung überrascht und gibt Raum zur Spekulation, vor allem gegeben die Brisanz des Themas der nicht erklärten „Übersterblichkeit“, mit dem Elefanten „Impffolgen“ im Raum. Am Freitag, den 11.02.2022 werden die Januar-Sterbezahlen dann für nächsten Dienstag avisiert.

In der letzten verfügbaren Statistik zum Thema, einer Sonderveröffentlichung zu den gesammelten Sterbefallzahlen 2020 bis 2022 vom 01.02.2022, hieß es zu den erhöhten Sterbezahlen im Herbst und Winter 2021: „Die gemeldeten COVID-19-Todesfälle im Herbst und zum Jahresende 2021 erklären die erhöhten Sterbefallzahlen nur zum Teil. Für den zusätzlichen Anstieg der Sterbefallzahlen sind mehrere Ursachen denkbar.“ Der Beitrag einzelner möglicher Effekte ließe sich allerdings derzeit nicht beziffern. Laut Destatis sind im Oktober 2021 um 11 Prozent mehr Menschen in Deutschland gestorben als im Mittel der vier Vorjahre, im November waren es 21 und im Dezember 22 Prozent mehr. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/sterbefallzahlen.html

Aktuelle Ergebnisse einer Primatenstudie mit dem neuen, Omicron spezifischen Booster von Moderna zeigen keine Verbesserung gegenüber einer Boosterung mit dem ursprünglichen Impfstoff. Die Studie an sich wurde am 04.02.2022 als preprint https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2022.02.03.479037v1 veröffentlicht, am Dienstag, den 08.02.2022 erscheint dann dazu eine Zusammenfassung auf arstechnica.com, die zusätzlichen Hintergrund liefert. https://arstechnica.com/science/2022/02/monkey-study-casts-doubt-on-need-for-an-omicron-specific-booster/

Als Grund für die fehlende, bessere Wirksamkeit gegen Omicron bei Boosterung mit dem Omicron spezifischen Booster nennen die Autoren selbst das Konzept der „OAS“, der Original Antigenic Sin, wonach der Körper bei Kontakt mit einem sehr ähnlichen Antigen die gleiche Antikörperproduktion startet, die durch das Antigen ausgelöst wurde, das er zuerst gesehen hat. Der Omicron-Booster-Shot war also nicht in der Lage, eine Omicron spezifische Antikörperantwort zu stimulieren, vielmehr wurden wieder die Memory-B-Zell-Klone reaktiviert, die bereits das Spike Protein des ursprünglichen Impfstoffes gesehen hatten, und Antikörper produzieren, die nur dank einer gewissen Kreuzreaktivität auch Omicron zumindest leidlich erkennen. Soweit so gut – oder eher schlecht.

Zusätzlich interessant nämlich der Hinweis von arstechnica, dass dies nicht die erste dahingehende Erfahrung von Moderna ist. Die Firma hatte bereits versucht, einen verbesserten, Beta spezifischen Impfstoff herzustellen (also gegen eine der zwischenzeitlich dominanten Virenvarianten), und war dabei ebenfalls zunächst in Primatenstudien und auch in einem späteren Schritt mit Menschen gescheitert. Offenbar lässt sich mit den mRNA-Vakzinen die Immunantwort also nicht durch angepasste Impfstoffe auf spätere Folgevarianten anpassen bzw. ausweiten. Das schnell tun zu können war aber eines der zentralen Versprechen der mRNA-Impfstoffe gewesen!

Was also nun, wenn solche Folgevarianten zwar Omicron ähnlich, aber kaum noch Wuhan/Delta Typ ähnlich sein werden – wie reagiert dann das Immunsystem des per mRNA Impfung und ggf. sogar mehrfacher Boosterung „falsch“ Trainierten? Gibt es für diese Person dann noch einen Impfschutz, bzw. falls nein, kann das eigene Immunsystem wenigstens wirkungsvoll reagieren? Oder wird es lediglich wirkungslose Anti-Wuhan-Typ-Antikörper reaktivieren? Wäre vielleicht ein multivalentes Vakzin oder ein klassischer Totimpfstoff doch die sicherere Wahl für eine Massenimpfkampagne gegen SARS CoV-2 gewesen? OAS war jedenfalls exakt das Phänomen, von dem viele im Vorfeld warnten, dass es bei dem gewählten Vorgehen eintreten könnte – und was es offenbar tut.

Auch zu einer anderen, wissenschaftlichen Frage zu SARS CoV-2 kommt in der aktuellen Periode die Diskussion aus der Anfangszeit der Pandemie mit Vehemenz zurück – aufgrund neuer Informationen, neuer Anstrengungen und einer größeren medialen Bereitschaft, kritischen Stimmen Raum zu geben. Es geht um die Frage des Ursprungs von SARS-CoV-2 und wie die Pandemie ihren Anfang nahm. Konkret: Stammt das Virus aus dem Wuhan Institute of Technology in Wuhan, ist es „man-made“, und: gab es eventuell eine gezielte Vertuschung der Fakten?

Bei den „neuen Informationen“ handelt es sich um aufgrund des FOIA (Freedom Of Information Act) Anfang Februar in den USA bekannt gewordene E-mails von Anthony Fauci, dem Chef-Regierungsberater für Gesundheitsfragen in den USA, im Zusammenhang mit einer umstrittenen Telefonkonferenz diverser Wissenschaftler Anfang 2020, auch unter Teilnahme von Christian Drosten. Nach dieser Telefonkonferenz folgte eine massive Kampagne zur Unterdrückung der vorher zur Diskussion stehenden Laborhypothese. Bei den neuen Anstrengungen handelt es sich um die erneut erhobene Stimme von Roland Wiesendanger, Physikprofessor in Hamburg und Mitglied der Leopoldina, der bereits vor einem Jahr seine Thesen zum Laborursprung des Virus publik gemacht hatte und dafür insbesondere im deutschsprachigen Raum als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt worden war. Medien, die ihm Raum geben, sind das Magazin für Politische Kultur Cicero am 02.02.2022 https://www.cicero.de/kultur/coronavirus-labor-christian-drosten-roland-wiesendanger-wuhan-anthony-fauci-emails, die Neue Zürcher Zeitung NZZ im Feuilleton am 03.02.2022 https://www.nzz.ch/feuilleton/kommt-das-virus-aus-einem-labor-in-wuhan-dem-raetsel-auf-der-spur-ld.1666314 sowie Welt-TV am Mittwoch, den 09.02.2022 https://www.youtube.com/watch?v=O9GaFuyoYoE

Sein Vorwurf gegen Anthony Fauci, Christian Drosten und weitere Beteiligte lautet auf die gezielte Vertuschung eines Laborunfalls in Wuhan, der bereits im August 2019 stattgefunden habe und durch Zeugenaussagen bestätigt sei. Dieser musste vertuscht werden, um die Weltöffentlichkeit von der Tatsache abzulenken, dass unter Umgehung des Moratoriums im eigenen Land mit Hilfe amerikanischer Steuergelder in Wuhan eben auch US-Wissenschaftler die höchstgefährlichen, sogenannten „gain of function“ Studien an Viren durchführten. Dies sind Versuche, existierende Viren künstlich gefährlicher zu machen, zum angeblichen „Erkenntnisgewinn“ – sie sind extrem umstritten, denn Laborunfälle kommen immer wieder vor, auch bei der höchsten Sicherheitsstufe. Zudem ist die dahinterstehende Motivation im besten Fall zweifelhaft.

Der Vertuschungsvorwurf von Roland Wiesendanger und anderen richtet sich in Deutschland unmittelbar gegen Christian Drosten, der bereits 2014 Teil einer Initiative von Wissenschaftlern war, die sich erfolgreich gegen eine stärkere Regulierung solcher gefährlichen Experimente eingesetzt hatte, siehe seine namentliche Erwähnung: https://www.cidrap.umn.edu/news-perspective/2014/07/scientists-voice-support-research-dangerous-pathogens  Der Beschuldigte geht daraufhin in die Offensive. Quer durch die deutsche Zeitungswelt werden Gegenstatements von Christian Drosten veröffentlicht, u.a. in der SZ vom Dienstag, den 08.02.2022 https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/drosten-coronavirus-ursprung-labor-1.5524513. Am Mittwoch, den 09.02.2020 reicht Dr. Markus Kühbacher, deutscher Journalist und Chemiker, Strafanzeige gegen Christian Drosten ein, wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung, wie er laut Twitter bekanntgibt. https://twitter.com/kuehbacher/status/1491361679317553154  Es ist zweifelhaft, dass der Geist des „Laborursprungs“ diesmal so einfach wieder in die Flasche zurückgedrängt werden kann.

  • Pharma/Biotech und Fachbehörden

Die Untersuchung und Quantifizierung der Nebenwirkungen von Impfungen ist in Europa eine von der EMA, der Europäischen Arzneimittelbehörde, wahrgenommene Aufgabe, in Deutschland ist das Paul Ehrlich Institut (PEI) für die diesbezügliche Datensammlung zuständig. Am Montag, den 07.02.2022 veröffentlicht das PEI seinen neuesten Sicherheitsbericht zu den „Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfungen zum Schutz vor COVID 19 seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 bis zum 31.12.2021“, der letztvorherige war am 23.12.2021 erschienen und ging bis zum 30.11.2021.https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-31-12-21.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Die Daten beziehen sich auf Corminaty (Pfizer/BioNTech, bedingt zugelassen seit 21.12.2020), Spikevax (Moderna, bedingt zugelassen seit 06.01.2021), Vaxrevia (AstraZeneca, bedingt zugelassen seit 29.01.2021 und COVID-19 Vaccine Janssen (Johnson & Johnson, bedingt zugelassen seit 11.03.2021). In Deutschland wurden bis zum Stichtag der Auswertung 148.760.720 Impfungen mit diesen vier Impfstoffen durchgeführt, davon 110.533.639 Impfungen mit Comirnaty (fast 75%), 21.912.123 Impfungen mit Spikevax, 12.738.494 Impfungen mit Vaxzevria und 3.576.464 Impfungen mit COVID-19 Vaccine Janssen. Insgesamt wurden für Deutschland 244.576 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung nach diesen Impfstoffen gemeldet. Die Melderate betrug für alle zusammen 1,64 Meldungen pro 1.000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen 0,20 Meldungen pro 1.000 Impfdosen. In 2.255 Verdachtsfallmeldungen wurde über einen tödlichen Ausgang berichtet (0,02 pro 1.000 Impfdosen). Davon hat in lediglich 85 (!) Einzelfällen „in denen Patienten an bekannten Impfrisiken wie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS), Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder Myokarditis im zeitlich plausiblen Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind“ das Paul-Ehrlich-Institut den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet. Bei Kindern werden acht Verdachtsmeldungen auf einen tödlichen Ausgang im Abstand von zwei Tagen bis fünf Monaten nach Impfung mit Corminaty berichtet. Wie ist das nun alles zu werten?

Für das PEI ist die Sachlage klar: „Impfungen mit wirksamen und verträglichen COVID-19-Impfstoffen sind eine effektive Maßnahme, die Corona-Pandemie einzudämmen und sich selbst vor COVID-19 zu schützen.“ Und „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind schwerwiegende Nebenwirkungen, die im Folgenden zusammengefasst dargestellt werden, sehr selten und ändern nicht das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe.“ So der erste und der letzte Satz der einseitigen Einleitung. Nun ist aber mittlerweile hinlänglich bekannt, dass der erste Satz, zur Effektivität der Impfstoffe, schon bei der Delta-Variante nicht mehr Bestand hatte und seit Omicron schlicht falsch ist. Wie glaubhaft ist also dann die zweite Schlussfolgerung, dahingehend, dass die Nebenwirkungen „selten“ sind, und „nicht das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe ändern“?

Hierzu folgende Darstellung von Transparenztest.de, dem „Portal für transparente Informationen in der Pandemie“, das am Sonntag, den 06.02.2022 die aktuellen Daten der EMA zu den Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe mit Stichtag 28.01.2022 präsentiert  https://www.transparenztest.de/post/ema-415303-der-1466095-gemeldeten-covid-impf-nebenwirkungen-sind-schwer. Zu diesem Stichpunkt listet die EMA für Europa 1.466.095 personenbezogene Verdachtsfall ADR („Adverse Drug Reactions“) Reports auf, knapp 32% davon sind als schwer kategorisiert. Für Kinder sind 22.349 ADR-Reports gelistet, davon 41% mit schweren Nebenwirkungen. „Schwere Nebenwirkungen“ sind lebensbedrohlich oder haben einen tödlichen Verlauf, bedingen einen stationären Krankenhausaufenthalt oder die Verlängerung eines solchen oder führen zu anhaltender oder signifikanter Behinderung oder Erwerbsunfähigkeit.

Normiert auf je 1 Mio. Impfdosen ergeben sich mit den EMA Daten bei den Covid-Impfstoffen 293 schwere Nebenwirkungen, laut PEI in Deutschland sind es 212. Im Vergleich dazu stehen 1,46 solch schwere Nebenwirkungen pro 1 Mio. Impfungen laut PEI auf Basis der Daten für alle in den Jahren 2000-2020 in Deutschland eingesetzten Impfstoffe. Diese Diskrepanz zeigt eindrucksvoll die nie vorgekommene Dimension der Nebenwirkungen, die hier in Kauf genommen werden – sie sind 200-fach häufiger, als bisher für Impfstoffe etabliert! Insofern eine fragliche Aussage des PEI, sie kommentarlos als „selten“ zu charakterisieren.

Für die Verdachtsfälle auf Todesfolge ergeben sich, bezogen auf je 1 Mio. Impfdosen, 12,7 Tote bei den Covid-Impfstoffen laut EMA Daten, laut PEI in Deutschland 15,6. Im Vergleich dazu stehen 0,7 Tote pro 1 Mio Impfdosen für die zwischen 2000 und 2020 in Deutschland eingesetzten Impfstoffe  – eine 17-fach höhere Quote also für die Covid-19-Impfstoffe im Vergleich zur bisherigen Norm.

Es sind bisher laut EMA in Europa insgesamt rund 150 Verdachtsfälle auf Todesfolge nach Impfung bei Kindern gemeldet worden. Unter den EMA ADR-Verdachtsfällen bei Kindern sind nach aktuellem Stand ca. 1.600 mit Myokarditis, ca. 800 mit akuter Herzerkrankung, ca. 300 mit Lähmungen und über 100 mit Thrombose/Embolie. Dies, obwohl die Impfkampagne für Kinder zwischen 12 und 15 Jahren im Wesentlichen erst seit Mitte des Jahres 2021 angelaufen ist und die jüngsten (5-11 Jahre) erst seit Mitte Dezember 2021 geimpft werden. Und dies bei einer Impfung gegen einen Atemwegsinfekt, der bei Kindern typischerweise harmlos verläuft.

Nach Krankheitsbild sticht ins Auge, dass besonders viele Verdachtsfälle Krankheitsbildern mit schneller oder abrupter Todesfolge zuzuordnen sind: Herzinfarkt, Atemnot, Thrombose & Embolie sowie Schlaganfall. Damit stellt sich die Frage, wie viele Todesfälle dieser Art überhaupt gemeldet werden, wenn sie nicht zeitlich unmittelbar nach einer Impfung erfolgen. Die Dunkelziffer bezüglich nicht erfasster ADRs liegt nach diversen Expertenschätzungen ohnehin generell extrem hoch, bei ca. 95-99%.

Die Datenquelle in den USA zur Überwachung der Nebenwirkungen von Impfstoffen ist das gemeinsam von der CDC (Centers for Disease Control an Prevention, die amerikanische Seuchenbehörde) und der FDA (die amerikanische Zulassungsbehörde) betriebene Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS). Beide Behörden unterstehen dem US-Gesundheitsministerium. Über die Website OpenVaers.com (non-profit Projekt) ist diese Datenbank auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Per Stichtag 28.01.2022 ist dort eine Statistik zum Auftreten von Myo-/Pericarditis (Herzmuskelentzündung) zugänglich, die so einfach wie schockierend ist https://openvaers.com/covid-data/myo-pericarditis Demnach stiegen die Fälle in 2021 steil an und umfassen in fast allen Altersklassen mehr als das Tausendfache der Myo-/Pericarditis-Fälle aller Impfungen des vergangenen Jahrzehnts. Deutlich erkennbar die besondere Betroffenheit der 15-30-jährigen Altersgruppen und ein häufigeres Auftreten nach der zweiten im Vergleich zur ersten Impfung. Auch die Todesraten aufgrund ,,adverse reactions“ auf Impfungen stiegen in den USA laut VAERS in 2021 sprunghaft an, in ungesehene Größenordnungen: https://openvaers.com/covid-data/mortality. Wie ist das zu bewerten, wenn nicht als besorgniserregend?

Tatsächlich gibt es in Deutschland eine weitere Quelle, aus der Erkenntnisse zu Impfschäden zu ziehen sind, die InEK Datenbank. Bei InEK handelt es sich um das „Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus“, das die Aufgabe hat, Daten über Leistungsgeschehen von Krankenhäusern zu erfassen. Unter den entsprechenden ICD Kodierungen (ICD: „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems”, also: „Internationale Klassifikation der Krankheiten“) finden sich Hinweise auf Impfschäden, konkret T88.0, T88.1, Y59.9 und, neu seit April 2021: U12.9 – unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen.

Der Datenanalyst und Buchautor Tom Lausen hat in einem aktuellen Interview mit Milena Preradovic am 28.01.2022 (hier in Kurzform: https://odysee.com/@News23:a/280120221:2) seine diesbezüglichen Auswertungen vorgestellt, eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich auch auf reitschuster.de, veröffentlicht am 31.01.2022 https://reitschuster.de/post/impfschaeden-durch-krankenhausabrechnungen-belegt . Er vergleicht für die Jahre 2019, 2020 und 2021 jeweils die Monate Januar bis September (da für 2021 keine aktuelleren Daten vorliegen). Deutschlandweit hat es 2019 bei den über 10-Jährigen 903 Fälle mit Impfnebenwirkungen gegeben, 2020 gab es 879 Fälle, also sehr ähnlich. In 2021 werden jedoch insgesamt 18.625 Fälle mit Impfnebenwirkungen registriert – 21mal höher als in den Vorjahren! 2.153 von den abgerechneten Fällen mit Impfschäden befanden sich auf Intensivstation. 18- bis 29-Jährige sind mit knapp 18 Prozent am meisten von den Impfschäden betroffen. Von den 18.625 Fällen sind annähernd 13.000 ausschließlich mit der Diagnose „unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen“ registriert worden. Diese Fälle sind nicht mehr als Verdachtsfälle zu bewerten. Sie sind von den Krankenhäusern als Impfschäden abgerechnet worden und gelten somit als bestätigte Fälle.

Auch in der Medikamentenentwicklung läuft nicht immer alles glatt, auch nicht für Pfizer. Am Dienstag, den 08.02.2022 wird bekannt, dass Pfizer die Entwicklung des intravenös zu verabreichenden Pendants zu Paxlovid zum Einsatz bei hospitalisierten COVID-19 Patienten einstellen wird. Die Daten aus einer klinischen Studie unter Federführung des NIH (National Institute of Health) waren für den Wirkstoffkandidaten PF-07304814 nicht gut genug. Er teilt damit das Schicksal mehrerer Wirkstoffkandidaten anderer Firmen, die sich in diesem klinischen Kontext in der schweren Erkrankungsphase ebenfalls nicht bewähren.

https://www.fiercebiotech.com/biotech/pfizer-a-rare-covid-19-setback-dumps-paxlovid-s-intravenous-sibling-to-leave-activ-3-future?utm_source=email&utm_medium=email&utm_campaign=LS-NL-FierceLifeSci&oly_enc_id=7010E1572889I6B

Aus Sicht der Börse gibt es zu dem mRNA Vakzin Geschäft zunehmend auch kritische Stimmen. Dabei wird unter anderem die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA aus dem Januar 2022 gegen die Rechtmäßigkeit von Impfverpflichtungen für Angestellte größerer, privater Firmen („vaccine mandates“) aufgeführt. Damit scheint das Umsatzsteigerungspotenzial kurzfristig ausgeschöpft, so das Argument eines Analysten, der für Moderna eine Verkaufsempfehlung ausspricht. Pfizer habe unlängst bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen für Corminaty bereits einen 5%igen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorquartal berichtet. Mit Beginn der endemischen Phase sei die Attraktivität der Marktopportunität für die mRNA Impfstoffe deutlich zurückgegangen.

https://seekingalpha.com/article/4485864-modernas-windfall-coming-to-end?mailingid=26675819&messageid=must_reads&serial=26675819.3016963&utm_campaign=Must%2BRead%2BFebruary%2B11%2C%2B2022&utm_content=seeking_alpha&utm_medium=email&utm_source=seeking_alpha&utm_term=must_reads

  • Kommunikative und mediale Höhepunkte

Am Wochenende, Samstag/Sonntag den 05./06.02.2022 bestimmt das RKI diesmal nicht durch inhaltliche Entscheidungen, sondern durch den „Fall“ Lothar Wieler das mediale Geschehen. Wobei unklar ist, ob es sich eigentlich um den „Fall“ Wieler oder den „Fall“ Karl Lauterbach handelt, denn im Wesentlichen handelt es sich bei den Kritikpunkten um Abstimmungsprobleme zwischen den beiden. Der Stein kommt jedenfalls ins Rollen durch die Kritik des designierten FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai an dem RKI-Präsidenten in einem „Spiegel“-Interview am Samstag, den 05.02.2022, in dem er sogar eine Ablösung andeutet. Noch am gleichen Tag stellen sich Vertreter der Grünen sowie Bundeskanzler Olaf Scholz hinter ihn, auf die Frage, ob Wieler noch das Vertrauen des Kanzlers genieße, sagte eine Regierungssprecherin am Samstag: „Ja“. Trotzdem hält die Diskussion über das Wochenende hinweg an https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gruene-fdp-wieler-101.html und kommt auch danach nicht zum Erliegen. Am Dienstag, den 08.02.2022 legt beispielsweise Christian Lindner nach und kritisiert Wielers Vorgehen, „es sei aber Sache von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, ihm das Vertrauen auszusprechen“ https://www.tagesschau.de/inland/rki-wieler-lindner-101.html .

Einen anderen Blick auf die Thematik hat das Medienportal „ThePioneer“ – dort sieht man den Minister in der Verantwortung, dem man einen zweifelhaften Umgang mit der Wahrheit attestiert, so am Donnerstag, den 10.02.2022 mit dem Morning Briefing Titel: „Robert Koch Institut contra Ministerium: Prof. Lauterbach oder die Feigheit vor den Fakten“, Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe das „Schattenreich der Halbwahrheiten“ betreten. https://www.thepioneer.de/originals/steingarts-morning-briefing/briefings/prof-lauterbach-oder-die-feigheit-vor-den-fakten-oder-greenpeace-aktivistin

Am Samstag, den 05.02.2022 „konkretisiert“ sich einer der fraktionsübergreifenden Vorschläge zur Impfpflicht, die des längeren in Vorbereitung sind. Der Vorschlag stammt von den SPD-Abgeordneten Wiese, Baehrens und Schmidt, den Grünen Dahmen und Steffen sowie Helling-Plahr und Strack-Zimmermann von der FDP, die die Grundzüge ihres Vorschlages zu einer Corona-Impfplicht ab 18 Jahren in Form eines einseitigen Eckpunktepapiers vorlegen. Dabei bleiben notwendigerweise viele Frage offen. Man erfährt aber, dass die Pflicht bis zum 31.12.2023 befristet sein soll, dass drei Impfungen benötigt werden, dass man sich den Impfstoff aussuchen dürfe, und dass zur Durchsetzung mit den Krankenkassen zusammengearbeitet werde. Diese sollen die Impfnachweise anfordern, „versichertenindividuell“ auf einem „Impfportal“ „datensparsam und -geschützt“ „sammeln“, und dann soll per Bußgeldbescheid exekutiert werden. Von Zwangsimpfung und Erzwingungshaft soll immerhin Abstand genommen werden. https://www.deutschlandfunk.de/ampel-abgeordnete-legen-eckpunkte-fuer-impfpflicht-vor-112.html

Offenbar hatten die Parlamentarier vor der Verabschiedung ihres Eckpunktepapiers mit der darin enthaltenen Aufgabenzuweisung an die Krankenkassen diese nicht konsultiert. Denn der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erteilt diesem Vorstoß am Donnerstag, den 10.02.2022 eine klare Absage. Die Kassen seien bereit, ihrem Auftrag zur Information und Beratung der Versicherten nachzukommen. „Die Durchsetzung und Kontrolle einer eventuellen gesetzlichen Impfpflicht wäre dagegen die Aufgabe des Staates“.  Die Parlamentarier wiederum zeigen sich davon unbeeindruckt, so Dirk Wiese zu den Funke-Zeitungen: „Wir wollen den Weg über die Krankenkassen gehen. Dies ist aus unserer Sicht sinnvoll, rechtlich zulässig und auch durchführbar.“ Die Parlamentariergruppe wolle den Gesetzentwurf noch „vor der kommenden Woche“ veröffentlichen. https://www.tagesschau.de/inland/krankenkassen-kontrolle-impfpflicht-101.html

Am Montag, den 07.02.2022 sorgt der Auftritt von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für Wirbel, der die ganze weitere Woche prägt und nicht abzuebben scheint. Die Nachricht um 7 Uhr in der Früh auf BR24 ist noch im Rahmen des Erwartbaren – Söder will die Sperrstunde in Bayern nach hinten verschieben – künftig solle sie bis 23:00 oder bis um Mitternacht verschoben werden, das Kabinett würde am Folgetag den entsprechenden Beschluss fällen https://www.br.de/nachrichten/meldung/soeder-will-sperrstunde-in-bayern-nach-hinten-verschieben,300467365. Nach der Sitzung des CSU-Parteivorstands am selben Tag wird es dann deutlich spannender – Markus Söder kündigt an, dass Bayern den Vollzug der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitswesen, die zum 15.03.2022 gesetzlich in Kraft tritt, „de facto“ aussetzen werde, für wie viele Monate müsse man sehen. Grund sei, dass die partielle Impfpflicht die Pflegesituation deutlich verschlimmern könne. Zudem sei sie kein wirksames Mittel, um die jetzige Omicron-Welle zu dämpfen oder zu stoppen. Bayern hatte im Dezember im Bundesrat dem Gesetz zugestimmt. https://www.br.de/nachrichten/bayern/bayern-will-einrichtungsbezogene-corona-impfpflicht-vorerst-aussetzen,Swk780T

Bereits die unmittelbaren Reaktionen, ebenfalls am Montag den 07.02.2022, sind vielfältig. „Wenn eine Norm vorhersehbar scheitert, dann gibt es nur eine Lösung: Bund und Länder müssen ihren Fehler revidieren“, sagt Stiftungsvorstand Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz, er stellt das ganze Gesetz in Frage, Bayerns Vorgehen sei aber auch kein „gangbarer Weg“, sondern ein verfassungsrechtlicher Verstoß. CDU-Chef Friedrich Merz fordert die Bundesregierung auf, die Teil-Impfpflicht für Pflegekräfte bundesweit auszusetzen. Und auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sekundiert und fordert eine Verschiebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gleich um mehrere Monate. Die Bedenken aus dem Gesundheits- und Pflegebereich müssten ernst genommen werden. https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/corona-virus-sachsen-ticker-freitag-elfter-februar-100.html  Hingegen „rügt“ der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Bayrischen Ministerpräsidenten, der solle das beschlossene Gesetz ernst nehmen. https://www.br.de/nachrichten/bayern/teil-impfpflicht-rufe-nach-ruecknahme-karl-lauterbach-ruegt-markus-soeder,SwlRG0U. Und auch die Grünen finden Söders Verhalten unverantwortlich. Der bayerische FDP-Landeschef Martin Hagen findet es dagegen in der Sache richtig, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht hinterfragt wird, merkt aber an, dass auch Bayern Teil der Bundesrepublik Deutschland sei. Via Twitter legt er am gleichen Tag noch nach: „Söder wollte die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Jetzt kündigt er an, sie in Bayern nicht zu vollziehen.“ Gleichzeitig fordere Söder eine allgemeine Impfpflicht für alle. „Ist das noch Politik oder schon Satire?“

In den Folgetagen ebbt die Diskussion um Markus Söders Vorstoß nicht ab, seine Forderung nach Aufschub der einrichtungsbezogenen Impfpflichtwird als verfassungswidrig kritisiert https://www.tagesschau.de/inland/impfpflicht-bayern-105.html und sogar Artikel 37 des Grundgesetzes ins Spiel gebracht. „Sollte Söder bei seiner Weigerung bleiben, könnte Scholz erstmals Artikel 37 des Grundgesetzes anwenden und mit Zustimmung des Bundesrats den sogenannten Bundeszwang gegenüber der bayerischen Landesregierung aktivieren. Um den durchzusetzen, darf der Kanzler sogar einen Beauftragten mit Weisungsrecht nach München entsenden“ erläutert das Handelsblatt im Morning Briefing am Donnerstag, den 10.02.2022. https://www.handelsblatt.com/meinung/morningbriefing/morning-briefing-die-rueckkehr-des-zinses/28055112.html?ticket=ST-11239210-7bxfStOCE7y0tJfZbelI-ap3 In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wäre dies ein Novum.

Aus der Pflegebranche wiederum gibt es klare Unterstützung für Markus Söder. Diese wird zumindest in Bayern auch medial aufgegriffen, sogar vom Münchner Merkur, der bisher Kritik an Corona-Maßnahmen quasi keinen Raum gegeben hatte. Dort erscheint am Mittwoch, den 09.02.2022 ein ausführliches Interview des Kurier Memmingen mit der Leiterin eines Pflegeheims in Ottobeuren, mit dem Titel: „Impfpflicht im Gesundheitswesen:  Wer versorgt die Bedürftigen?“ Susanne Vonier erläutert, dass die Versorgung der Pflegebedürftigen ohnehin kaum zu schultern sei, dass man sogar bereits eine „selektierende Triage bei der Versorgung von Pflegebedürftigen im ambulanten wie im stationären Bereich vorliegen habe“, dass mit Omicron eine Impfpflicht inhaltlich in keiner Weise mehr zu rechtfertigen sei, und dass sie lediglich den Pflegenotstand weiter verschärfen werde“. Ein lesenswertes Interview, direkt aus der pflegerischen Realität: https://www.merkur.de/bayern/schwaben/memmingen-kurier/impfpflicht-im-gesundheitswesen-wer-versorgt-die-beduerftigen-91287599.html

Trotz der heftigen Kritik, die ihm aus Politikerkreisen entgegenschlägt – Markus Söder scheint mit untrüglicher, politischer Witterung die Formierung einer neuen Stimmungslage im Land erkannt zu haben, auf die er bereits reagiert. Denn die BILD, immer noch ein starker Faktor in der medialen Meinungsbildung in Deutschland, fordert die Rückkehr zur Normalität nun schon auf der Titelseite, mit Bild vom letzten Oktoberfest aus dem Jahr 2019, am Montag, den 07.02.2022: „Das Corona-Virus ist für unsere Gesellschaft und unser Gesundheitswesen nicht mehr die Gefahr, die es einmal war. Deshalb fordert BILD von der Bundesregierung und den Ländern: Es reicht! Gebt uns unser normales Leben zurück!https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/bild-fordert-gebt-uns-unser-normales-leben-zurueck-79063482.bild.html

Und dieser Forderung nach Normalität wird am Mittwoch, den 09.02.2022 sogar von Seiten der Krankenhäuser grünes Licht gegeben. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft rechnet nämlich nicht mehr mit einer Überlastung des Gesundheitssystems – dabei war dies ja seit „flatten the curve“ im Frühjahr 2020 immer das Hauptargument für die Maßnahmen.

https://www.tagesschau.de/inland/coronavirus-krankenhausgesellschaft-101.html

Zum Übergang zur Normalität gibt es de facto bereits ein feststehendes Datum, den 19.03.2022. Denn an diesem Tag enden die aktuellen Corona-Maßnahmen laut Infektionsschutzgesetz. Wenn die Regeln weiter gelten sollten, müsste das Infektionsschutzgesetz wieder verlängert werden. Dafür zeichnet sich aktuell offenbar keine Mehrheit im Bundestag ab. Ein „Freedom Day“ am 20.03.2022 könnte das Ergebnis sein. Denn die Union will offenbar nun nicht mehr verlängern https://www.merkur.de/politik/freedom-day-corona-deutschland-maerz-union-cdu-csu-regeln-fdp-gruene-spd-lauterbach-news-zr-91301860.html, genauso wenig die FDP, laut ihrem Fraktionschef Christian Dürr, am Donnerstag, den 10.02.2022 https://www.berliner-kurier.de/politik-wirtschaft/wegfall-aller-corona-regeln-fdp-nennt-datum-fuer-freedom-day-li.211162. Bleiben also SPD und Grüne im Bund als aktuell offenbar alleinige Maßnahmen-Hardliner, nachdem die AfD die Corona-Einschränkungen bereits seit langem als überzogen kritisiert und die Linke zumindest partiell ebenfalls bereits kritisch war.

Der aktuelle verbale Schlagabtausch in der Politik ist beachtlich. Gesundheitsminister Karl Lauterbach „hat mal ausgerechnet“, wie er dem ZDF-„Heute Journal“ am Dienstag, den 08.02.2020 mitteilt, dass Deutschland mit „400, 500 Toten pro Tag“ rechnen müsse, wenn man nach dem Vorbild Israels jetzt öffnen würde. Seine Rechenlogik kennt nur er selber. Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß kritisiert daraufhin, Lauterbach dürfe nicht zum „Angstminister“ werden. Bundesjustizminister Buschmann warnt zu Söders Vorgehen bezüglich der Impfpflicht-Aussetzung, die „Tyrannei sei nicht mehr fern“. CSU-Generalsekretär Markus Blume kontert daraufhin, „der Dilettantismus der Ampel-Parteien schade der Demokratie”. https://www.tagesschau.de/inland/coronapandemie-lockerungen-103.html  

Wie es parlamentarisch mit dem Gesetzgebungsverfahren zur allgemeinen Impfpflicht weitergeht ist derweil ebenfalls unklar. So titelt BILD am Mittwoch, den 09.02. 2022: „Impfpflichtdebatte droht auszufallen“. Grund dafür soll sein, dass nicht alle drei Gesetzesentwürfe rechtzeitig fertig würden vor der für nächste Woche ursprünglich vorgesehenen ersten Lesung zu einem entsprechenden Impfpflicht-Gesetz. https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/im-bundestag-impfpflicht-debatte-droht-auszufallen-79099304.bild.html Tatsächlich ist in der Tagesordnung des Bundestages bis Redaktionsschluss dieser Chronik noch nichts dazu vermerkt. Die Süddeutsche Zeitung präzisiert am Donnerstagabend, 10.02.2022, dass der Gesetzesentwurf für eine Impfpflicht Ü50 unter Federführung von FDP-Politiker Andrew Ullmann nicht rechtzeitig fertig würde und damit die erste Lesung im Bundestag erst in mehr als einem Monat möglich sei, nämlich in der Woche vom 14. März https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-impfpflicht-bundestag-gesetz-1.5526269

Im Kontext der Impfpflicht-Diskussion tritt mit dem Präsidenten des Bundessozialgerichtes, Rainer Schlegl, ein bisher unauffälliger Akteur am Dienstag, den 08.02.2022 mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit, der sofortige Rücktrittsforderungen zur Folge hat. Er fordert, dass sich ungeimpfte Corona-Patienten in angemessener Höhe an den Kosten ihrer Behandlung im Krankenhaus zu beteiligen hätten, „es solle dem Versicherten weh tun“. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ungeimpfte-sollen-kosten-im-krankenhaus-teilweise-mittragen-17789788.html Die Aussage stößt in breiten Kreisen auf Entsetzen, z.B. bei der Kassenärztlichen Vereinigung, die das Solidaritätsprinzip damit aufgekündigt sehen würde, keine gesetzliche Grundlage sieht und von einem absurden Vorschlag spricht.  https://www.hessenschau.de/gesellschaft/umstrittener-vorschlag-sollen-ungeimpfte-an-corona-behandlungskosten-beteiligt-werden,ungeimpfte-bundessozialgericht-100.html Die „Anwälte für Aufklärung“ argumentieren zudem, Rainer Schlegl habe „deutlich gemacht, dass er die aus dem Mäßigungsgebot und der Gewaltenteilung folgenden Verhaltensleitlinien für Richter insbesondere auch an den Obersten Bundesgerichten für unbeachtlich halte. Prof. Dr. Rainer Schlegl habe dadurch grundlegende Pflichten eines Präsidenten des Bundessozialgerichts verletzt.“ https://afaev.de/herr-prof-dr-rainer-schlegel-treten-sie-zurueck/

Von der Omicron Entdeckerin aus Südafrika, der Medizinerin Angelique Coetzee, erfährt die deutsche Öffentlichkeit nach einem Interview mit der Welt am Donnerstag, den 10.02.2022, dass sie massiv unter Druck gesetzt worden sei, nicht der Wahrheit Ausdruck zu geben, dass es sich bei den Erkrankungen mit Omicron um milde Verläufe handelt. „Mir wurde gesagt, ich solle öffentlich nicht erklären, dass es eine milde Erkrankung sei“, so Angelique Coetzee. „Ich wurde gebeten, von derartigen Äußerungen Abstand zu nehmen und zu sagen, es sei eine ernste Erkrankung. Das habe ich abgelehnt.“ Dieser Druck kam dabei nicht aus Südafrika sondern vielmehr aus Europa, unter anderem von Wissenschaftlern aus den Niederlanden und Großbritannien. Sie fügt hinzu, dass sie glaube, dass die Regierungen „überreagiert“ hätten. https://www.focus.de/gesundheit/coronavirus/druck-von-regierungen-omikron-entdeckerin-ich-sollte-nicht-oeffentlich-ueber-milderen-verlauf-sprechen_id_51894550.html  Das eine oder andere deutsche Regierungsmitglied tut dies ganz offenbar immer noch.

  • Politische Entscheidungen und Maßnahmen

Bund

Fast einen Monat, nachdem der Gesetzgeber es Apotheken ermöglicht hat, an der bundesweiten Impfkampagne teilzunehmen, starten am Dienstag, den 08.02.2022 etwa 480 von 18.500 Apotheken in Deutschland mit Corona-Impfungen. Rund 6000 Apothekerinnen und Apotheker hätten die Schulungen dazu absolviert, heißt es. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/impfstart-apotheken-101.html; https://www.br.de/nachrichten/bayern/impfstart-in-apotheken-ein-wenig-zu-spaet-dran,SwmKsc6 Neben Impfzentren und Hausarztpraxen sind sie nun die dritte Anlaufstation für Impfwillige, von denen es allerdings inzwischen deutlich weniger gibt als noch im Dezember https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1195129/umfrage/taegliche-impfungen-gegen-das-coronavirus-in-deutschland-seit-beginn-der-impfkampagne/. Pro Impfung erhalten Apotheker dieselbe Geldpauschale wie Ärzte: 28 Euro pro Impfung während der Woche und 36 Euro am Wochenende.

Am Donnerstag, den 10.02.2022 ändert der Bundestag die umstrittene Genesenen-Regelung für den Zugang zum Plenarsaal und zu Ausschusssitzungen. Vom kommenden Montag an wird auch dort der durch das Robert Koch Institut auf drei Monate verkürzte Genesenen-Status gelten, statt der bisherigen Alt-Regelung mit sechs Monaten. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/131700/Bundestag-aendert-umstrittene-Genesenenregelung-fuer-Plenarsaal

Die CDU und CSU im Bundestag gibt in Sachen Impfpflicht erstmal dem Aufbau eines Impfregisters den Vorrang. Einen Impfpflichtbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt lehne die Fraktion ab, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Tino Sorge am Freitagabend, 11.02.2022 im ZDF https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-tino-sorge-union-cdu-impfpflicht-100.html. Die Fraktion hat in einem Antrag im Bundestag einen sogenannten Impfvorsorge-Mechanismus skizziert, der eine abgestufte Impfpflicht auslösen können soll, etwa nach Altersgruppen oder auch Branchen, wenn entsprechende Infektionslagen im Herbst oder auch später dies nötig machen würden. In einem ersten Schritt soll dazu nun doch ein nationales Impfregister aufgebaut werden, um insgesamt die Datenlage für künftige Wellen auf eine bessere Basis zu stellen. Auf ein solches Impfregister will Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Befürworter einer schnellen allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren, bisher explizit verzichten, auch weil die Einführung länger dauern würde. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-union-impfmechanismus-100.html

Ebenfalls am Freitag, den 11.02.2022 konkretisiert die Gruppe der „Ampel-Parlamentarier“ um Dirk Wiese, Janosch Dahmen, Marie-Agnes-Strack Zimmermann und weitere ihre bisher als „Eckpunkte“ vorgelegten Ideen in einem Gesetzesentwurf. Dabei plädiert Olaf Scholz am gleichen Tag bei seiner Antrittsrede im Bundesrat nochmals für die Impfpflicht, warnt vor zu raschen Lockerungen und kündigt sie gleichzeitig als Thema für das Bund-Länder-Treffen der kommenden Woche an. https://www.dw.com/de/ampel-abgeordnete-pr%C3%A4sentieren-entwurf-f%C3%BCr-corona-impfpflicht-ab-18-jahren/a-60741887 Beinahe scheint es, als ob die einzelnen Gruppen und Fraktionen jetzt zwanghaft rudimentär skizzierte Vorschläge einbringen, da man dies angekündigt hatte, und um am Ende nur ja irgendetwas durchs Parlament zu bringen, was die Menschen im Falle höherer Infektionszahlen im Herbst zu irgend etwas verpflichtet. Sinnhaftigkeit als Kriterium scheint obsolet.

Bayern

Das Bayerische Kabinett beschließt am Dienstag, den 08.02.2022, was Markus Söder im Wesentlichen bereits am Vortag avisiert hatte. Die Sperrstunde fällt in der Tat weg, Stadien und Theater dürfen mehr Zuschauer einlassen. Beim Besuch von Bädern genügt künftig ein Impf- oder Genesenennachweis, ein zusätzlicher Test ist nicht mehr nötig. Friseure und Nagelstudios dürfen auch wieder ungeimpfte Kunden bedienen, allerdings nur mit einem aktuellen Test. An den Schulen und für Kinder und Jugendliche im Allgemeinen gibt es keine Lockerungen oder Erleichterungen. https://www.br.de/nachrichten/meldung/ab-morgen-keine-sperrstunde-mehr-in-bayerns-gastronomie,30046880b

Zudem wird der Bayerische Landtag gebeten, in seiner Sitzung vom 15. Februar für Bayern das weitere Bestehen einer epidemischen Lage und in der Folge die weitere Anwendbarkeit der in § 28a Infektionsschutzgesetz dafür vorgesehenen Befugnisse festzustellen. Auch wird beschlossen, die Impfzentren bis zum 31.12.2022 fortzuführen und dafür Planungssicherheit zu schaffen. Damit bereite sich die Staatsregierung frühzeitig „unter anderem auf Impfungen mit weiteren Impfstoffen (z. B. Varianten-angepasste Impfstoffe, Impfstoffe für unter 5-Jährige) sowie auf die mögliche Einführung einer allgemeinen Impfpflicht vor.“ https://www.bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-8-februar-2022/  Trotz Söders Ankündigungen vor der Presse – ein „Einstieg in einen langfristigen Ausstieg“ aus der aktuellen Corona-Maßnahmen Politik würde anders klingen.

  • Juristische Prozesse und Entscheidungen

Am Freitag, den 11.02.2022 wird die am Vortag durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ergangene Entscheidung veröffentlicht, in der dieses den Eilantrag gegen die Pflege-Impfplicht ablehnt. Bis zum 3. Februar waren in Karlsruhe bereits 74 Verfassungsbeschwerden gegen die Corona-Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal eingegangen. Darüber wurde noch nicht entschieden. Die Richterinnen und Richter nahmen im Eilverfahren nur eine Folgenabwägung vor. Sie prüften, was aus ihrer Sicht die schlimmeren Konsequenzen hätte: wenn sie erst einmal alles laufen lassen, obwohl die Klagen berechtigt wären – oder wenn sie die Impfpflicht vorübergehend aussetzen und sich diese später als verfassungsgemäß herausstellt. Diese Abwägung ging zum Nachteil der Klägerinnen und Kläger aus. „Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber“, teilte das Gericht mit. Die Impfpflicht begegne „zum Zeitpunkt dieser Entscheidung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/bundesverfassungsgericht-entscheidet-ueber-corona-impfpflicht-in-pflege,Sx41b9a

Dass die zu erwartende Nicht-mehr-Erbringung von Pflegeleistungen aufgrund der Abwanderung des Personals in die Folgenabschätzung einging, muss bezweifelt werden. Die wissenschaftlichen Annahmen, auf die sich das Gericht stützt, dass nämlich eine Impfung mit den real existierenden COVID-19-Impfstoffen die Infektion mit Omicron oder die Weitergabe dieser Virusvariante unterbinden könne, sind faktisch längst überholt. Hier hat die Propaganda über die Wissenschaft gesiegt, kommentieren die Anwälte für Aufklärung. https://afaev.de/der-sieg-der-propaganda-ueber-die-wissenschaft/

Die Verfassungsrichter merken allerdings zumindest kritisch an, dass im Gesetz nichts Genaueres zum Impf- und Genesenennachweis stehe und dort lediglich auf eine Verordnung mit weiteren Verweisen auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und des Robert Koch-Instituts (RKI) verwiesen werde. Dies deckt sich mit der kritischen Sichtweise des Verwaltungsgerichts Osnabrück, das am 04.02.2022 bereits ebenfalls die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Festsetzung des Genesenen-Status bemängelt und den Landkreis Osnabrück verpflichtet hatte, dem Kläger einen sechs Monate umfassenden Genesenen-Status auszustellen. Aus Sicht des Osnabrücker Gerichts hat der Genesenen-Status und damit seine Dauer eine hohe Bedeutung für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Dass die Dauer durch einen Hinweis auf der Internetseite des RKI auf aktuell 90 Tage beschränkt wurde, verstößt nach Ansicht der Osnabrücker Richter gegen Verfassungsrecht. Es fehle an einer Rechtsgrundlage, diese Entscheidung an das RKI zu delegieren. https://www.rnd.de/politik/verkuerzung-des-genesenenstatus-verwaltungsgericht-osnabrueck-sieht-verfassungswidrigkeit-DHX6INKNCHTWFJKHDI7A6GOPE4.html

Dieses Urteil hat allerdings keine Allgemeingültigkeit. Der Kampf um den Genesenen-Status mit der offenen Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und seiner Umsetzung durch Regierung und Behörden geht also erstmal weiter.

  • Gesellschaftliche Reaktionen

Der Wert der verschiedenen „G-Stati“ wird auch davon abhängen, welche Bedeutung in den kommenden Wochen der immer umfangreicher werdenden Testerei noch zukommt. Wenn es nach Andreas Gassen geht, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), soll es die routinemäßigen Corona-Tests in Deutschland bald nicht mehr geben. „Aufwand und Nutzen stehen in keinem angemessenen Verhältnis mehr“, sagte Gassen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zu Mitternacht am Freitag, den 11.02.2022. „Es macht perspektivisch und medizinisch wenig Sinn, täglich Millionen von Menschen anlasslos zu testen, wenn am Ende gegebenenfalls eine für das Individuum ungefährliche Infektion festgestellt wird.“ „Die Schweden haben das richtigerweise erkannt und das Testen weitgehend eingestellt“, betonte er. https://www.rnd.de/politik/kassenaerzte-chef-gassen-fordert-neue-corona-test-strategie-und-klare-oeffnungsperspektive-XC6KACSGH5FI7FND2TLNIWES5Q.html  Eine längst überfällige Feststellung mit einer interessanten Referenz auf ein Land, das aus deutscher Sicht ja für lange Zeit während der Pandemie angeblich äußerst verantwortungslos agierte, offenbar aber die jetzigen gesellschaftlichen Realitäten besser erkennt und entsprechend handelt.

Vieles macht aktuell nicht nur keinen Sinn, sondern ist dazu noch grausam. Eine der traurigen Schlagzeilen, die illustrieren, wie hart und herzlos die Regeln zum Umgang mit Ungeimpften mittlerweile sind, kommt von Focus am Montag, den 07.02.2022: „Herzkrankes Kind darf nicht in Frankfurt operiert werden – weil die Eltern ungeimpft sind“ https://www.focus.de/gesundheit/arzt-klinik/absagen-aus-drei-laendern-herzkrankes-kind-darf-in-frankfurt-nicht-operiert-werden-weil-die-eltern-ungeimpft-sind_id_47548057.html Es handelt sich um einen dreijährigen Jungen aus Zypern, der wegen einer schweren Herzerkrankung dringend auf eine lebensrettende Operation wartet. In seinem Heimatland fehlt es dafür an der Ausstattung.  Andernorts, wie in Frankfurt, an der Bereitschaft. Zwar gäbe es kein Gesetz, das den Ärzten vorschreibt, ungeimpfte Menschen abzuweisen. Jedoch habe jedes Krankenhaus sein eigenes Recht zu entscheiden, wer behandelt werden soll, so eine Sprecherin des Gesundheitsamts der Europäischen Kommission, laut dem Focus. Der Junge darf jetzt wohl in einem privaten Krankenhaus in Griechenland operiert werden. Und alle Ungeimpften dürften ahnen, was ihnen bevorsteht.

Der kanadische Trucker-Streik weitet sich in dieser Woche noch weiter aus, zeigt aber auch erste Wirkung. Nach Massenprotesten in Ottawa, wo der Notstand ausgerufen wurde, https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_91615024/ottawa-protestaktion-von-kanadischen-truckern-notstand-ausgerufen.html weil tausende Trucks die Innenstadt blockierten und Zehntausende Bürger in Solidarität mit den Truckern gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten, blockieren am Montag, den 07.02.2022 hunderte Lastwagen die Grenzbrücke ,,Ambassador Bridge“, welche die kanadische Provinz Ontario mit dem US-Bundesstaat Michigan verbindet. Seit Dienstag, 08.02.2022 ist eine Spur Richtung USA wieder befahrbar. Pro Tag überqueren normalerweise etwa 8000 Lastwagen diese Grenze, 75 Prozent der kanadischen Exporte gehen in die USA. https://www.dw.com/de/kanadische-trucker-blockieren-br%C3%BCcke-zu-den-usa/a-60709470

Am Mittwoch, den 09.02.2022 wird berichtet, dass mehrere Provinzen des Landes nun Lockerungen ankündigen. Die Provinz Saskatchewan will fast alle Beschränkungen aufheben, darunter bereits ab der kommenden Woche die Pflicht zur Vorlage eines Impfnachweises im Restaurant, Provinzpremierminister Scott Moe bezeichnet viele Corona-Maßnahmen als überholt. Auch die Provinzen Québec und Alberta kündigen schrittweise Aufhebungen der Maßnahmen an https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/kanada-provinzen-abschaffung-corona-massnahmen-pandemie

Der als Freiheitskonvoi der Trucker gegen rigide Impfnachweiskontrollen im Januar gestartete Protest ist inzwischen in Kanada zu einem breiteren Protest gegen die Politik von Premier Justin Trudeau geworden, global dagegen zu einem Sinnbild für Proteste gegen freiheitseinschränkende, Grundrechte verletzende und die Wirtschaft strangulierende Corona-Maßnahmen der Regierungen im Allgemeinen.

An die kanadischen Demonstrationen angelehnte Konvois gibt es inzwischen auch in Australien und Neuseeland. Die Zeit berichtet zudem am Donnerstag, den 10.02.2022 unter Berufung auf US-Medien, dass auch die Vereinigten Staaten am kommenden Wochenende mit einem Trucker-Konvoi rechnen müssten. Für Aufregung sorgt eine Warnung des US-Heimatschutzministeriums, wonach sich ein Konvoi nach kanadischem Vorbild bereits am Sonntag aus Kalifornien ins Tausende Kilometer entfernte Washington in Bewegung setzen könnte. https://www.zeit.de/news/2022-02/10/kanadas-besetzte-hauptstadt#:~:text=Ottawa%20(dpa)%20%2D%20Als%20vergangenen,Impfpflicht%20f%C3%BCr%20ihren%20Berufszweig%20demonstrieren.

Auch in Österreich, Deutschland und Frankreich gibt es Formierungen zu Protestkonvois. Eine entsprechende Anmeldung für Freitag, den 11.02.2022 in Wien mit bis zu 3.000 Fahrzeugen und 10.000 Personen für eine anschließende Kundgebung wurde nicht genehmigt. Die Polizei führt in der Begründung der Untersagung am Donnerstag, den 10.02.2022 u.a. an, dass Hinweise vorliegen, dass Demo-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer „ihre Fahrzeuge als Blockademittel verwenden werden, um den innerstädtischen Verkehr völlig lahmzulegen“. https://www.derstandard.at/story/2000133268596/polizei-untersagt-corona-autokonvoi-der-wien-lahmlegen-sollte

Der Protest in Wien lässt sich allerdings nicht gänzlich unterbinden. So hat die Stadt Wien die als Abschlusskundgebung geplante Veranstaltung am Heldenplatz am Freitag, den 11.02.2022 ab 18:00 entgegen erster Pläne doch nicht untersagt. Laut Bericht der Polizei vom Freitagnachmittag haben es sehr wohl einzelne Kolonnen und Korsos in die Innenstadt geschafft, Fahrzeuge sind mit österreichischen und kanadischen Fahnen unterwegs. https://kurier.at/chronik/wien/corona-demo-am-wiener-heldenplatz-doch-nicht-untersagt/401902360

Aus allen Richtungen gen Berlin sollte es für protestwillige Lastwagenfahrer ab Montag, den 07.02.2022 gehen. Diesem ersten Aufruf folgten jedoch offenbar nur wenige, weshalb erstmal kein Konvoi zustande kam. https://www.tagesspiegel.de/berlin/freedom-convoy-nach-kanadischem-vorbild-corona-demonstranten-mobilisieren-zu-lkw-protesten-nach-berlin/28045408.html.

Paris versucht, ähnlich wie Wien, einen Freedom Convoy Protest, der sich bereits in Südfrankreich auf den Weg gemacht hat, von der Hauptstadt fernzuhalten. Ein motorisierter Protest in der Stadt sei vom 11.-14. Februar untersagt, mit Strafandrohungen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, Geldstrafen von €4.500,- und Entzug des Führerscheins, so Reuters https://www.reuters.com/world/europe/paris-police-authority-bans-french-freedom-convoy-protests-capital-2022-02-10/?utm_source=Sailthru&utm_medium=email&utm_term=The%20Reuters%20Daily%20Briefing&utm_content=10-2-22&utm_campaign=10-2-22 Allerdings ist die französische Bevölkerung streikerprobt und scheut dabei auch nicht vor rabiateren Methoden zurück, sie hat ihre Regierungen schon oft das Fürchten gelehrt, erst unlängst mit der Gelbwestenbewegung („gilets jaunes“). So sind am Freitagnachmittag offenbar mittlerweile im großen Stil und aus allen Richtungen des Landes Konvois auf dem Weg nach Paris. https://www.theguardian.com/world/2022/feb/11/french-freedom-convoys-head-towards-paris-police-checkpoints

Die Regierungen der im Corona-Kontext restriktiv regierten europäischen Länder haben ganz offenbar wenig Verständnis für ihre Bürger, die sich von dem amerikanischen Freiheitsgedanken inspiriert sehen und ähnliche Lockerungen fordern, wie sie in europäischen Nachbarstaaten bereits Realität sind. Je nach nationalem Gemüt fügen sich die Bürger dann ihren Regierungen, oder auch nicht.

Dabei könnten die Regierungen in der jetzigen Lage doch eigentlich einfach nur wieder „auf die Wissenschaft“ hören. So plädiert der Bonner Virologe Hendrik Streeck, Mitglied des Expertenrates der Bundesregierung, am Freitag den 11.02.2022 für eine vorsichtige Rückkehr zur Normalität und dafür, dass man die Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften jetzt abschaffen könne. https://www.zeit.de/news/2022-02/11/streeck-fuer-gleichheit-von-geimpften-und-ungeimpften. Letzterem Vorschlag würden sich wohl auch alle internationalen Trucker und die deutschen Corona-Spaziergänger anschließen.

ENDE