Gentechnologie oder Gentherapie im Menschen bei COVID-19 Impfstoffen – eine aktuelle Perspektive

Oft wird bei den COVID-19 Impfstoffen erregt und länglich diskutiert, ob und inwieweit es sich dabei um Gentechnologie oder sogar Gentherapie im engeren Sinne handelt. Dies könnte als bloße „Semantik“ abgetan werden – also als leere Diskussion darüber, ob gerade eine bestimmte Wortwahl zutreffender ist als eine andere.  Ich möchte an dieser Stelle aber argumentieren, dass die „Wortwahl“ zur den COVID-19 Impfstoffen sehr wichtig ist, denn sie beeinflusst sowohl die kollektive Meinungsbildung als auch die Entscheidung jedes Einzelnen, sich einem medizinischen Eingriff – der Impfung – zu unterziehen.

International betrachtet ist in Deutschland insbesondere im Agrar- und Lebensmittelbereich die Skepsis gegenüber Gentechnologie im Allgemeinen und dem Einsatz von „GMO“s – also „Genetisch modifizierten Organismen“ immer hoch gewesen. Man möchte sie nicht essen („GMO – Food“), man möchte sie noch nicht einmal gerne zur Produktion von in der Industrie benötigten Stoffen wie Enzymen einsetzen, jedenfalls nicht ohne eine strikte Regulierung.

Die Enquete Kommission des Deutschen Bundestags zu „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ aus dem Jahr 1990 – die erste große Initiative zur ethischen Einordnung der damals noch neuen Technologie – definiert Gentechnologie wie folgt: Unter dem Begriff der Gentechnologie versteht man die Gesamtheit der Methoden zur Charakterisierung und Isolierung von genetischem Material, zur Bildung neuer Kombinationen genetischen Materials sowie zur Wiedereinführung und Vermehrung des neukombinierten Erbmaterials in anderer biologischer Umgebung.

Es gibt keinen Grund, warum diese Definition heute nicht mehr gültig sein sollte, im Gegenteil: Sie ist zur Betrachtung der COVID-19 Impfstoffe sehr hilfreich. Alle in Deutschland eingesetzten Impfstoffe sind nach dieser Definition eindeutig gentechnologisch hergestellt: Dabei finden die gentechnologischen Prozessschritte zur Herstellung des „Spike-Proteins“, das im Körper eine Immunreaktion hervorrufen soll, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß innerhalb bzw. außerhalb des Körpers statt.

Bei dem neuesten In Deutschland zum Einsatz kommenden Impfstoff – Novavax – finden die gentechnologischen Prozessschritte außerhalb des menschlichen Körpers statt. Das auf diese Art hergestellte Medikament bzw. der Impfstoff wird dann injiziert.

Allein solch ein Vorgehen hat früher große Besorgnis und Debatten hervorgerufen. Man erinnere sich an die Diskussion um das gentechnologisch hergestellte EPO – ein Blutbildungshormon – als die Produktionsanlage dazu im Jahre 1989 in den Behringwerken in Marburg (dort, wo heute der Impfstoff von Pfizer/BioNTech produziert wird) in Betrieb genommen werden sollte https://taz.de/!1799465/ Die Diskussion bei dem damaligen Erörterungstermin und die vielen berechtigten Einwände und Fragen der Bevölkerung habe ich noch in Erinnerung, ich war damals vor Ort dabei.

Bei den anderen COVID-19 Impfstoffen, also den RNA basierten „mRNA Impfstoffen“ von Pfizer/BioNTech und Moderna sowie den DNA basierten „Vektorimpfstoffen“ von Astra-Zeneca und J&J hat man diese gentechnologischen Produktionsschritte nun sogar in den Körper des Impflings verlagert.

Der normale Prozess zur Produktion eines Proteins im Körper verläuft als Ablesen der genetischen Information, die der Mensch in Form von DNA speichert, durch sogenannte Transkription („Umschreiben“) in mRNA, die dann per Translation („Übersetzung“) zur Synthese eines Proteins führt.

Beim Einbringen der DNA basierten „Vektorimpfstoffe“ (die auf genmodifizierten Adenoviren beruhen, die man als Vektor=Genfähre nutzt) ist der Mensch also für den gesamten gentechnologischen Prozess im eigenen Körper zuständig, also DNA -> Transkription -> mRNA -> Translation -> Spike-Protein.

Beim Einbringen der RNA basierten „mRNA Impfstoffe“ ist der gentechnologische Herstellungsprozess des Spike-Proteins im Körper dahingehend abgekürzt, dass nur der zweite Teil stattfindet: mRNA -> Translation -> Spike-Protein

Die von den beiden Impfstofftechnologien deutlich erprobtere ist die der DNA basierten „Vektorimpfstoffe“. Aber auch sie ist noch kaum zum Einsatz gekommen, da sie sich bisher als zu unberechenbar erwiesen hatte. Die mRNA Impf-Technologie ist komplettes Neuland. Denn noch nie zuvor hatte man Technologien zur Verfügung, um mRNA  – eigentlich eine äußerst fragile Substanz, die innerhalb des Körpers sehr schnell wieder abgebaut werden muss, um Steuerungsprozesse zu ermöglichen – dahingehend zu stabilisieren, dass man sie direkt als Medikament/ Impfstoff/ Gentherapeutikum einsetzen hätte können.

Aufgrund der Instabilität der mRNA ging man bisher immer davon aus, dass „Gentherapie“ nur auf Ebene der DNA stattfinden könne. Zweck einer „Gentherapie“ war aber schon immer, den Körper dadurch zur Herstellung des gewünschten (im Krankheitsfall defekten, oder fehlenden) Proteins zu bringen. Mit stabilisierter mRNA kann Gentherapie aber nun auch auf dieser Ebene erfolgen – das gewünschte Protein kommt dabei am Ende ja genauso heraus.

Insofern geht es bei der Frage, ob bei der COVID-19 Impfung nicht nur gentechnologische Prozessschritte in den menschlichen Körper verlagert werden, oder ob es sich um „echte“ Gentherapie handelt, um die Frage, wie lange und ob ggf. sogar dauerhaft diese künstlich eingebrachte Erbinformation im Körper verbleibt und zur Produktion der Spike Proteine führt.

Aktuelle Studien zeigen, dass die mRNA der mRNA Impfstoffe länger als 60 Tage in den Lymphknoten verbleibt und dort zur Produktion von Spike-Protein führt. In dieser Zeit kann der Impfling also zweifelsohne als genetisch modifizierter Organismus betrachtet werden – er produziert auf Basis der in ihn eingebrachten, künstlichen Erbinformation ein Protein, für das in seinem eigenen Erbgut keine Information vorhanden wäre. Dies gilt ebenso für die Zeit, in der die eingebrachten Vektorimpfstoffe diese künstliche Erbinformation zur Verfügung stellen.

Die im Mai 2021 final veröffentlichten Arbeiten von Rudolf Jaenisch am MIT haben zudem gezeigt, dass eine dauerhafte, reverse Transkription von eingebrachter RNA zwecks Verankerung in der körpereigenen DNA doch möglich ist und bei einer Infektion mit SARS CoV 2 stattfinden kann. Das vorherige Dogma, dass der Prozess im Körper, in Abwesenheit der Reversen Transkriptase eines Retrovirus wie HIV, nur in Richtung DNA-> mRNA und nicht in der Gegenrichtung ablaufen könne, war mit seiner – peer reviewed und von Kritikern gegengetesteten und bestätigten – Arbeit bereits gefallen. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33958444/ 

Bis dato gab es aber noch keine publizierten Untersuchungen, ob beim Einsatz der Impfstoffe dieser Prozess ebenfalls eventuell in der falschen Richtung laufen könnte. Eine am 25.02.2022 im Fachjournal „Current Issues in Molecular Biology“ erschienene, wissenschaftliche Veröffentlichung von Forschern der Universität Lund aus Schweden https://www.mdpi.com/1467-3045/44/3/73 adressiert diese Frage. Der Titel, übersetzt: „Intrazelluläre, reverse Transkription von Pfizer BioNTech COVID-19 mRNA Vakzin BNT162b2 in Humaner Leberzelllinie“. Die mRNA des Pfizer/BioNTech Impfstoffes schafft es tatsächlich, im Laborexperiment mit humanen Leberzelllinien innerhalb von weniger als 6 Stunden in die Leberzelle zu gelangen und dort revers zu DNA transkribiert zu werden.

Die Studie zeigt noch nicht eine Integration in die zelluläre DNA, was als „GAU“ gesehen werden müsste – die Untersuchungen dazu stehen noch aus. Und auch Rudolf Jaenisch und sein Team hatten nicht gezeigt, dass es zu einem funktionalen Einbau der für das Spike-Protein kodierenden, zu DNA umgeschriebenen, viralen mRNA gekommen wäre. Der „Super-GAU“ einer unbeabsichtigten Gen„therapie“ mit potenziell fatalen Folgen erscheint also nach wie vor als unrealistisch.

Aber auch wenn man davon ausgeht, dass ein funktionaler Einbau in die DNA (also so, dass das Spike-Protein dann dauerhaft produziert werden würde) in Zellen im menschlichen Körper nach Impfung mit mRNA und Vektor Impfstoffen nicht erfolgt, findet nach der Impfung zweifelsohne gentechnologische Produktion innerhalb des Körpers statt.

Wer den Einsatz von Gentechnologie in der Landwirtschaft kritisch sieht und GMO-Food ablehnt, sollte hinterfragen, ob er selber als gentechnologischer Produktionsorganismus zum Einsatz kommen will.

25.02.2022 –  Sabine Kaiser, Dipl. Humanbiologin, Philipps-Universität-Marburg (1993) und Verfasserin der Corona-Chroniken

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